Full text: Vaterländisches Lesebuch für die obern Klassen in den Volksschulen Bayerns

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182. Wunderbare Rettung. 
mich nicht, Stangen noch weniger. Und wie hätte ich mich an 
einer Stange oder einem Stricke festhalten können, ohne in einer 
solchen Höhe wieder hinabzugleiten? Endlich hatten sie doch 
einen alten Bergmann herbeigerufen, der etwas besser Bescheid 
wußte. Er fing damit an, die Öffnung behutsam zu erweitern, 
schaffte dann eine Winde herbei, an die er einen Eimer befestigte; 
aber so sehr man auch eilte, ging doch viele Zeit hin. Ängstlich 
sahen die Umstehenden den Zurüstungen zu. Viele beteten laut, 
und in den fürchterlichen Augenblicken der Besinnung, die von 
Zeit zu Zeit meine Ohnmacht unterbrachen, hörte ich einzelne 
Worte von Sterbeliedern und Gebeten in Todesgefahr, die ich 
nur allzuwohl aus meinem Gebetbuche kannte. Endlich war 
die Winde aufgestellt, der Eimer befestigt, und der alte Mann 
stieg, mit einem Lichte auf der Mütze, in den Eimer, nachdem 
er vorher erklärt hatte, es könne ja sein, daß er mich beim 
Hinabführen mit fortreiße. Langsam und vorsichtig wurde der 
Eimer hinabgewunden. Ich sah das brennende Licht, und es 
war mir, als ob ein Stern vom Himmel zu mir herabstiege 
und Hilfe brächte. Über mir war Totenstille. Ohne zu wissen, 
was ich that, drückte ich mich, so sehr ich konnte, an die feuchte 
Wand, von der sich kleines Gestein ablöste und wiederhallend in 
die Tiefe rollte. Mein ängstliches Stöhnen bezeichnete den Ort, 
wo ich mich befand. Jetzt fing der alte Mann an, mir Trost 
zuzusprechen, er hoffe mich nun mit Gottes Hilfe zu retten; ich 
solle nur nicht verzagen. Schon sah ich den Eimer über mir 
schweben, dann näher und immer näher; aber die Öffnung war 
so eng, daß er nicht neben mir vorbei konnte. Mein Retter 
gab also ein Zeichen, daß man oben mit dem Winden innehalten 
solle, und reichte mir einen Strick mit einer Schlinge; in diese 
griff ich hinein und hob mich ein wenig in die Höhe. Schon 
konnte ich mit einer Hand den schwebenden Eimer berühren, 
dann auch mit der andern. In diesem Augenblicke rissen die 
Fäden, an denen ich jetzt so wunderbar gehangen hatte. Der 
Eimer schwankte; aber ich hing schon an den Händen meines 
Retters. Er hob mich zu sich hinein und rief: „Dankt Gott 
da oben; ich habe das Kind!" Ich saß nun auf dem Schoße 
des Bergmanns in dem Eimer, und als dieser hinaufgewunden 
wurde, war das erste, was mir einfiel, da ich mich in Sicherheit 
sah, der schöne Krug, der mir beim Hinabfallen aus den Händen 
geglitten war. Ich fing an, bitterlich zu weinen. „Was weinst 
du denn, Kind?" sagte der alte Mann; „es hat nun keine 
Gefahr mehr; wir sind gleich oben." — „Ach, der Krug! der 
Krug!" sagte ich immer schluchzend; „er war ganz neu und 
unser schönster!" 
Jetzt kamen wir an den Rand der Öffnung. Meine Mutter 
lag mit ausgebreiteten Armen darüber her und langte nach mir. 
Mein Retter hielt mich ihr hin. Mit zitternden Händen faßte 
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