Full text: Deutsches Lesebuch für die mittlere und obere Stufe der ein- und zweiklassigen Volksschule, wie einfacher Schulverhältnisse überhaupt (Teil 2, [Schülerband])

34. Abendlied, wenn der Mond scheint. 35. Friede. 36. Abendlied. 99 
34. **Abendlied, wenn der Mond scheint. 
1. Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen 
am Himmel hell und klar; der Wald steht schwarz und schweiget, 
und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar. 
2. Wie ist die Welt so stille und in der Dämm’rung Hülle 
so traulich und so hold, als eine stille Kammer, wo ihr des Tages 
Jammer verschlafen und vergessen sollt! 
3. Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu 
sehen und ist doch rund und schön! So sind gar manche Sachen, 
die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie nicht sehn. 
4. Wir stolze Menschenkinder sind eitel arme Sünder und 
wissen garnicht viel; wir spinnen Luftgespinste und suchen viele 
Künste und kommen weiter von dem Ziel. 
5. Gott, laß dein Heil uns schauen, auf nichts Vergänglich’s 
trauen, nicht Eitelkeit uns freu’n; laß uns einfältig werden und 
vor dir hier auf Erden wie Kinder fromm und fröhlich sein! 
6. Wollst endlich sonder Grämen aus dieser Welt uns nehmen 
durch einen sanften Tod; und wenn du uns genommen, laß uns 
in Himmel kommen, du unser Herr und unser Gott! 
7. So legt euch denn, ihr Brüder, in Gottes Namen nieder; 
kalt ist der Abendhauch. Verschon’ uns, Gott, mit Strafen, und 
laß uns ruhig schlafen und unsern kranken Nachbar auch! 
Matth. Claudius. 
35, 
Arbeit Ist des Bürgers Vierde, 
Segen tft der Mühe Preis. 
Ehrt den König feine Würde, 
ehret uns der Hände Fleiß. 
Holder Friede, 
süße Eintracht, 
weilet, weilet 
freundlich über dieser Stadt! 
* Friede. 
Möge nie der Tag erscheinen, 
wo des rauhen Krieges Horden 
dieses stille Thal durchtoben, 
wo der Himmel, 
den des Abends sanfte Röte 
lieblich malt, 
von der Dörfer, von der Städte 
wildem Brande schrecklich strahlt! 
Äus Schillers Glocke. 
36. *Abendlied. 
1. Der Tag ist nun vergangen, 
und dunkel schläft die Welt; 
die hellen Sterne prangen 
am blauen Himmelszelt; 
mir in den grünen Zweigen 
singt noch die Nachtigall, 
im weiten, tiefen Schweigen 
der einz’ge Lebensschall, 
2. Ich aber, Vater, stehe 
in meiner Hüttenthür 
und schau’ hinauf zur Höhe 
und schau’ hinauf zu dir; 
wie gerne möcht ich klingen 
als helle Nachtigall, 
dir Lob und Dank zu bringen 
mit tiefem Schmerzesschall!
	        
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