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Otto's Hände, der alle Gefangenen befreite. Erst am Abend des
blutigen Tages sammelten sich wieder die Deutschen. Manch wackerer
Mann fehlte in ihren Reihen; Freude und Trauer erfüllten die
- Herzen der Sieger. Am andern Tage wurden die Ungarn weiter
verfolgt, und eine Menge der Feinde fand noch den Tod; nur wenige
entrannen dem Verderben. Otto wurde von dem jubelnden Heere
wie einst Heinrich als Vater des Vaterlandes begrüßt. Wie
dieser wies er den Ruhm des Kampfes von sich ab; nur dem
Allmächtigen, sagte er, danke man den Sieg, und Gott die Ehre
gebend, zog er mit seinem Heere im festlichen Zuge zu allen Kirchen
der Stadt Regensburg.
Den Ungarn aber verging die Lust, fernerhin wieder in
Deutschland einzufallen.
248. Kaiser Otto I.
1. Zu Quedlinburg im Dome ertönet Glockenklang, der Orgel
Stimmen brausen zum ernsten Chorgesang-, es sitzt der Kaiser
drinnen mit seiner Kitter Macht, voll Andacht zu begehen die
heil’ge Weihenacht.
2. Hoch sitzt er in dem Kreise, von männlicher Gestalt, das
Auge scharf wie Blitze, von goidnem Haar umwallt; man hat ihn
nicht zum Scherze den Löwen nur genannt, schon mancher hat
empfunden die löwenstarke Hand.
3. Wohl ist auch jetzt vom Siege er wieder heimgekehrt,
doch nicht des Reiches Feinden hat mächtig er gewehrt; es ist
der eigne Bruder, den seine Waffe schlug, der dreimal der Em¬
pörung blutrothes Banner trug.
4. Zu Quedlinburg vom Dome ertönt die Mitternacht, vom
Priester wird das Opfer der Messe dargebracht; es beugen sich
die Kniee, es beugt sich jedes Herz, Gebet in heil’ger Stunde steigt
brünstig himmelwärts.
5. Da Öffnen sich die Pforten, es tritt ein Mann herein, es
hüllt die starken Glieder ein Büsserhemde ein; — er schreitet
auf den Kaiser, er wirft sich vor ihm hin, die Knie er ihm um¬
fasset mit tief gebeugtem Sinn.
6. „0 Bruder, meine Fehle, sie lasten schwer auf mir; hier
liege ich zu Füssen, Verzeihung flehend, dir; was ich mit Blut
gesündigt, die Gnade macht es rein, vergib, o strenger Kaiser,
vergib, du Bruder mein!“
7. Doch strenge blickt der Kaiser den stind’gen Bruder an:
„Zweimal hab’ ich vergeben, nicht fürder mehr fortan; die Acht
ist ausgesprochen, das Leben dir geraubt, nach dreier Tage Wechsel,
da fällt dein schuldig Haupt!“