408
die Zierden und Stützen des königlichen Greises. Die fünfzehn Jahre
seiner bisherigen Regierung sind so reich an unerhörten kriegerischen
Erfolgen und an segensvoller Entwickelung der inneren Verhältnisse,
daß kein früheres Jahrzehnt der deutschen Geschichte dem letzten an die
Seite gestellt werden kann. Er ist der Wiederhersteller und Mehrer des
Deutschen Reiches geworden: durch ihn ist erfüllt, was von den
Edelsten des Volkes seit langer Zeit ersehnt war.
Im Jahre 1864 brachte er Klarheit und Entschiedenheit in das
verwickelte Verhältniß Schleswig-Holsteins zu Dänemark. Muthig
vertrat er mit dem Schwerte das Recht der Herzogthümer und löste
sie aus dem mehr und mehr unerträglich gewordenen Verbände mit
einem undeutschen Staat; es war im wesentlichen sein Verdienst,
daß diese schönen und reichen Provinzen Deutschland für immer
zurückgegeben wurden. Aber noch herrlicher erprobte sich sein Muth
und die Kraft des von ihm neugeschaffenen Volksheeres in dem
wunderbar, glücklichen und raschen deutschen Kriege von 1866:
er wies Österreich seine wahre und richtige Stellung zu unserm
Vaterlande an und schuf zunächst in der größeren nördlichen Hälfte
desselben durch die Herstellung des norddeutschen Bundes einen so
mächtigen Staat, daß der deutsche Name wieder mit Achtung und
Ehrfurcht in der Welt genannt ward. Aber zu noch größeren Dingen
hatte Gott diesen frommen Streiter ausersehen. Die unruhigen und
eifersüchtigen Franzosen, von jeher unsere schlimmen Nachbarn, konnten
den Gedanken nicht ertragen, daß ihr Staat nicht mehr der mächtigste
und gefürchtetste in Europa sei: unter den nichtigsten Vorwänden
erklärte ihr Kaiser Napoleon III. unserm friedliebenden König den
Krieg; noch einmal mußte er, und diesmal zum furchtbarsten Kampfe
das Schwert ziehen. Napoleon hatte Arges gegen Deutschland im
Sinne, aber aus diesen bösen Anschlägen ging Glück für unser
Vaterland auf. Die süddeutschen Staaten vereinigten ihre Heere so¬
fort mit denen des Königs Wilhelm: er selbst zog an ihrer Spitze
hinaus, um den frevelhaften Angriff abzuwehren. Und Gott war
mit ihm. Unter unvergleichlichen Siegen drang er tief in Frankreich
hinein: aber mitten unter den schwersten Kämpfen, in denen Nord-
und Süddeutsche gemeinsam für das Vaterland ihr Blut vergossen,
kam die langersehnte staatliche Vereinigung des norddeutschen Bundes
mit Baiern, Württemberg und Baden zu Stande; in ungeheuren
Schlachten, auf französischem Boden, hatte sich die deutsche Einig¬
keit erprobt. Seit dem 18. Januar 1871 haben wir wieder ein
d e u t s ch e s R e i ch, und der König Wilhelm von Preußen ist K a i s e'r
von Deutschland.
Eine wunderbare Führung Gottes zeigt sich in dem Leben dieses
auserwählten Fürsten. Er selbst hat in Erinnerung an diese Füh¬
rung gesagt: „Es kommt alles von der Gnade des Herrn, die Trüb¬