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er wie Hunde, Pferde und selbst Kanarienvögel alle Befehle feines Herrn
vollzogen, die Zeit auf der Uhr erkannt, gezählt und Ähnliches verrichtet hätte.
Es scheint, daß die guten Eigenschaften dieser Affenarten nur in der Jugend
hervortreten, dagegen im Alter abnehmen. Der gemeine türkische Affe (Maget),
welcher aus der Berberei (Nordasrika) kommt und selbst in Europa bei Gi- 5
braltar verwildert lebt, ist nur geschickt zu allerlei Gaukelkünsten. Nicht nur,
daß er auf Kamelen und Bären sitzend durch seine Grimassen und Neckereien
den Haufen der Zuschauer ergötzt, sondern er läßt sich auch mit Hunden
gemeinschaftlich zum Seiltanzen und zu lächerlichen Komödien abrichten, wobei
er menschliche Anzüge trägt. Da er das europäische Klima am besten erträgt, 10
so ist er seit alten Zeiten bekannt, und die meisten Streiche, welche von Affen
erzählt werden, gelten eigentlich von ihm. Sein Gesicht hat übrigens sehr
wenig Menschliches und nähert sich schon den hundeartigen Pavianen; auch
hat er wie sie Gesäßschwielen, aber nur einen unmerklichen Schwanz. Die
abscheulichsten unter den Affen sind indessen ohne Zweifel die schon erwähnten 15
Paviane und unter diesen obenan der Mandrill. Seine hochrote Nase und
grell blauen Backen und sein ähnlich gefärbtes Gesäß stechen gegen die schmutzigen
und verworrenen Haare des Körpers unheimlich ab, und seine dicht beisammen
stehenden, heimtückischen Augen verraten schon, was man von ihm zu erwarten
hat. Dabei besitzt er das Gebiß und die Stärke eines Wolfes, und die Tier- 20
führer haben mit ihm gewöhnlich am meisten zu schaffen. Selbst der Tiger
faßt eher Zutrauen zu seinem Wärter als der Maudrill. Bei den Meer¬
katzen und den übrigen langschwänzigen Affen ist das Merkwürdigste der Wickel¬
schwanz, worin sie nicht bloß eine ungemeine Stärke, sondern auch ein feines
Gefühl besitzen. Er ist ihnen eine fünfte Hand; denn sie hängen sich daran 25
fest und schwingen sich von Ast zu Ast. Ja bei manchen Arten geht dies so
weit, daß sich zwei, drei und mehr Affen mit den Schwänzen an einander
hängen und so eine Kette bilden. Der unterste setzt diese in Schwung, bis
er den gewünschten Ast erreicht, woran er sich fest hält und dann die anderen
nachzieht. 30
An Größe und Körperfülle stehen die amerikanischen Arten dieses menschen¬
ähnlichen Tiergeschlechts den asiatischen und afrikanischen im allgemeinen nach.
Aber an Rührigkeit, Regsamkeit und Schlauheit thun sie es wenigstens den
letztgenannten zuvor. Während die Affen der alten Welt zum Teil auf der
Erde wohnen, scheinen die amerikanischen vorzugsweise auf die dichten Urwälder 35
dieses fruchtbaren Weltteiles angewiesen zu sein.
90. Das Ei des Columbus.
(Heinsius.)
Es ging dem Columbus, wie es vielen Menschen geht, er erntete am
Ende Undank. Einige suchten sogar seine Entdeckung herabzuwürdigen; denn 40
sie kam ihnen nun, nachdem sie gemacht war, so natürlich und leicht vor, daß
sie meinten, es hätte sie ein jeder ebenso gut machen können.
Mit einer so überklugen Gesellschaft saß Columbus eines Tages zu Tische,
als gekochte Eier aufgetragen wurden. Columbus nahm ein Ei und fragte:
„Wer von den Herren kann wohl ein Ei auf die Spitze stellen, daß es frei 45
stehen bleibt?" — Mehrere versuchten es, aber vergeblich! Da nahm Columbus