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133. Der Specht.
(Wagner.)
Es giebt auch unter den Vögeln reiche und arme Leute, vornehme und
geringe, Fürsten und Könige und schlichte Handwerksleute. Der Habicht
und der Falke ziehen mit krummen Schnäbeln und scharfen Krallen auf 5
die Jagd, der Kranich und der Reiher gehen als Fischerleute zu dem Teiche,
die Schwalbe baut als Maurer sich aus Erde das feste Nest. Die Specht¬
meise macht den Töpfer und verstreicht das Baumloch, wenn es zu gross
für ihren Nestbau ist, mit Lehm. Ein Vögelchen in Indien näht als
Schneider Baumblätter mit Fäden ordentlich zusammen, und afrikanische 10
Webervögel verarbeiten Grashalme und Fasern gesellschaftlich zu förmlichen
Kunstwerken. Tief im Walde wohnt bei uns der Holzhauer und Zimmer¬
mann der Vögel, der arme Specht. Vier Brüder sind es, die alle das
gleiche Handwerk treiben. Der grösste heisst von seinem schwarzen Rocke
der Schwarzspecht. Er hat ein feuerrotes Käppchen auf dem Kopfe. Schön 15
grün und rot ist der zweite, er heisst nach seinem Kleide der Grünspecht;
und die beiden anderen sind schwarz und weiss, als sei ihr Kleid aus Flicken
und Flecken zusammengesetzt, wie es bei armen Leuten wohl der Fall ist;
einer derselben ist grösser, der andere kleiner; dies ist der grosse und der
Meine Buntspecht. Kümmerlich ist die Nahrung dieser Vögel. Nichts 20
Gebratenes und Gesottenes kommt auf ihren Tisch; ekle Würmer und Maden
sind ihre Kost einen Tag wie den andern, selbst am Festtag, — und ohne
Salz und Schmalz, roh wie sie sind, frisst sie der Vogel. Doch ist er dabei
lustig und guter Dinge. Kaum graut der Tag, so eilt er an die Arbeit.
Er fliegt in den dichten, finsteren Wald, dorthin, wo die ältesten und 25
stärksten Bäume sind, und sieht mit klugen Augen sie alle nach der Reihe
an. Jetzt bemerkt er einen, der ihm tauglich scheint, und eilt auf ihn zu.
Mitten am Stamme klammert er sich an der rauhen Rinde fest. Zwei von
seinen Zehen hält er nach vorn und zwei nach hinten. Die Nägel an
denselben sind ihm von grossem Vorteil. Sein Schwanz ist ziemlich kurz, 30
und die Federn, die denselben bilden, sind steif und hart. Er ist sein
Stühlchen, auf dem er fest an des Baumes Borke ruht. Die Axt des sonder¬
baren Vogels ist sein fester Schnabel. Derselbe ist ganz ähnlich einem
Keil, wie ihn der Holzhauer in den Baumstamm schlägt, den er zerspalten
will; nur ist er vorn mehr zugespitzt. Er sitzt an harten, starken Knochen 35
des Kopfes, und mit ihm ist der Vogel nun im stände, tief in die Rinde
und das Holz des Baumes einzuhauen. Oft pickt er nur durch die Borke
und zieht die Käfermaden hervor, die in ihr wohnen. Diese leben manch¬
mal zu Hunderten in einem Stamm und fressen das Mark des Baumes, der
sich gegen diese heimlichen Feinde nicht wehren kann. Wenn der Ver- 40
Mehrung dieser Würmer nicht Einhalt gethan wird, zernagen sie den Stamm
so, dass bald die Äste absterben, die Knospen verwelken, der Baum weder
Blatt noch Blüten treibt und dann als toter Stumpf traurig dasteht. Der
Obstgärtner und der Forstmann sehen diese verborgenen Feinde nicht eher,
bis sie am Absterben des Baumes ihre Gegenwart erkennen, wenn es zu 45
spät ist. Da kommt ihnen der Specht zu Hilfe. Sein Auge erkennt gar
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