Full text: Deutsches Lesebuch mit Bildern für Volksschulen

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Meter. Der Hausfreund hat Respekt vor dem Sternseher und vor der göttlichen 
Allmacht, die einem schwachen Menschenkinds den Verstand und die Geschicklichkeit 
geben kann, auf 50 O0O Meilen weit Berge auszumessen, die unser einer gar 
nicht sieht. Fragt man nun noch 
5 Achtens und letztens, was denn eigentlich der Mond am Himmel zu ver¬ 
richten hat? — Antwort: Was die Erde. So viel ist gewiß, er erhellt durch sein 
mildes Licht, welches der Wiederschein von seinem Sonnenschein ist, unsere Nächte 
und sieht zu, ob des Nachts alles ehrlich und ordentlich hergeht. Er ist der 
eigentliche Hausfreund und erste Kalendermacher unserer Erde und der oberste 
IO Generalnachtwächter, wenn die andern schlafen. Hinwiederum scheint die Erde 
mit ihrem Sonnenglanze, in wechselndem Lichte, an die finstere Halbkugel des 
Monds und erhellt ihre lange, lange Nacht. Was will der geneigte Leser sagen! 
Sieht man nicht in den ersten Tagen des Neulichts, wenn der Mond wie eine 
krumme Sichel am Himmel steht, auch den übrigen dunkeln Teil seiner Scheibe, 
15 oder seine Nacht durch einen schwachen grünlichen Schimmer erhellt? Das ist eine 
Wirkung des Sonnenscheins, der von der erleuchteten Halbkugel unserer Erde auf 
den Mond fällt, oder ist der Erdschein im Monde. 
Zudem ist es gar wohl möglich, daß auch jener Weltkörper allerlei ver¬ 
nünftige und unvernünftige Geschöpfe von seltsamen Gestalten und Eigenschaften 
20 beherbergt, die uns alles besser sagen könnten, und die sich in ihrer Nacht auch 
über den milden Erdschein freuen. Vielleicht glauben die einfältigen Leute dort 
auch lange her, die Erde gehe um den Mond herum und sei bloß ihretwegen da, 
und wir könnten's ihnen auch besser sagen. 
223. Zwei Rätsel. 
(Schiller.) 
1. Es steht ein groß geräumig Haus 
auf unsichtbaren Säulen; 
es mißt's und geht's kein Wandrer aus, 
und keiner darf drin weilen. 
30 Nach einem unbegriffnen Plan 
ist es mit Kunst gezimmert; 
es steckt sich selbst die Lampe an, 
die es mit Pracht durchschimmert. 
Es hat ein Dach, krystallenrein, 
35 von einem einz'gen Edelstein; 
doch noch kein Auge schaute 
den Meister, der es baute. 
2. Auf einer großen Weide gehen 
viel tausend Schafe silberweiß; 
wie wir sie heute wandeln sehen, 
sah sie der allerältste Greis. 
Sie altern nie und trinken Leben 
aus einem unerschöpften Born, 
ein Hirt ist ihnen zugegeben 
mit schön gebognem Silberhorn. 
Er treibt sie aus zu goldnen Thoren, 
er überzählt sie jede Nacht 
und hat der Lämmer keins verloren, 
so oft er auch den Weg vollbracht. 
Ein treuer Hund hilft sie ihm leiten, 
ein muntrer Widder geht voran. 
Die Herde, kannst du sie mir deuten? 
Und auch den Hirten zeig mir an. 
40 224. Der Straßenbau im Steinthal. 
(Schubert.) 
Ein Hauptbedürfnis für die Bewohner des Steinthals war die Anlegung 
einer Straße, welche ihre Gegend mit der Hauptstraße und den angrenzenden 
Ortschaften in Verbindung setzte. Der Regierung war es nicht zuzumuten,
	        
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