Metadata: Deutsches Lesebuch mit Bildern für Volksschulen

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Farel wurden 1538 aus Genf verwiesen. Beide fügten sich dem Beschlusse, 
Farel ging nach Neuschatel, wo er noch viele Jahre bis an seinen Tod als 
Prediger wirkte; Calvin ging nach Straßburg, übernahm dort ebenfalls ein 
Predigtamt und hielt auch Vorlesungen an der Universität. Dabei verlor er 
5 die Verhältnisse in Genf nicht aus den Augen und ermahnte seine dortigen 
Anhänger in zahlreichen Briefen, nach des Apostels Befehl das Bose rnit 
Gutem zu überwinden. Während seines Aufenthaltes in Straßbnrg vermählte 
er sich mit Jdelette von Büren; die Ehe wurde aber schon nach 10 Jahren 
durch den Tod getrennt. 
IO Der Sturm in Genf hatte sich bald gelegt; mehr und mehr erkannten die 
Besseren, welches Unrecht sie Calvin gethan hatten, und nötigten den Rat, ihn 
zurückzurufen. Die erste Einladung wies Calvin zurück. Als aber Farel und 
seine Straßburger Freunde in ihn drangen und eine Gesandschaft von Gens 
bei ihm erschien und seine strengen Bedingungen annahm, sagte er, vorläufig 
15 auf zwei Jahre, zu. So hielt er 1541 unter dem lauten Jubel des Volkes 
seinen Einzug. Die Straßburger zürnten ihm nicht, wie gern sie ihn auch 
zurückgehalten hätten; sie schenkten ihm das Ehrenbürgerrecht; ja sie wollten 
ihm sogar seine Besoldung sortbezahlen, was aber Calvin ausschlug. Durch 
Wort und Schrift wirkte er nun für die Sache der Reformation. Er 
2O führte einen höchst einfachen Gottesdienst sowie eine äußerst strenge Kirchen¬ 
zucht ein. Leichtfertige Reden und Gotteslästerungen wurden mit öffentlicher 
Ausstellung am Pranger bestraft, ebenso das Kartenspielen. Kinder, welche ihre 
Eltern verspottet hatten, wurden bei Wasser und Brot eingesperrt; wer sich 
thätlich an den Eltern vergriff, wurde hingerichtet; ein Arzt Michael Servetus, 
25 welcher ein Buch gegen die Lehre von der heiligen Dreieinigkeit geschrieben 
hatte, wurde sogar verbrannt. 
Calvin ordnete auch das Kirchenwesen durch Einsetzung eines Pres¬ 
byteriums. Er unterschied dabei vier Klassen von kirchlichen Personen: die 
Prediger, welche den Dienst des Wortes und der Sakramente versahen; die 
30 Kirchenältesten, welche die Aussicht über das sittliche Leben der Gemeindeglieder 
führten; die Doktoren oder Lehrer, welche die Heilige Schrift erforschten, 
und die Diakonen, welche die äußeren Kirchenangelegenheiten, besonders die 
Armenpflege verwalteten.* Aus diesen kirchlichen Personen bestand nun das 
Presbyterium oder der Rat der Ältesten, welcher die Kirche regierte. Wenige 
35 Jahre vor seinem Tode veranlaßte Calvin auch noch die Gründung einer 
Universität zu Genf, welche die Bildnngsanstalt der reformierten Theologen 
geworden ist. 
Calvin gönnte seinem kränklichen, schwachen Körper keine Ruhe und Er¬ 
holung. Auch bei den schmerzhaftesten Leiden arbeitete er unausgesetzt als 
40 Prediger, Professor, Schriftsteller und als Vorsteher des Presbyteriums. Seine 
Kräfte erschöpften sich daher bald. Er starb schon im Jahre 1564 im Alter 
von 55 Jahren. 
146. Die deutsche Hansa. 
(Jerrer.) 
45 Während Kaiser Friedrich II. in Italien und Palästina kämpfte, herrschte 
in Deutschland noch immer der greuliche Unfug des Faustrechts. Alles wimmelte
	        
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