Full text: Deutsches Lesebuch mit Bildern für evangelische Volksschulen

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2. Zwei Ohren sind mir gewachsen an, 
damit ich alles hören kann, 
wenn meine liebe Mutter spricht: 
„Kind, folge mir und thu das nicht!“ 
Wenn der Vater ruft: „Komm her geschwind, 
ich habe dich lieb, mein gutes Kind!“ 
3. Einen Mund, einen Mund hab' ich auch, 
davon weiß ich gar guten Gebrauch: 
kann nach so vielen Dingen fragen, 
kann alle meine Gedanken sagen, 
kann lachen und singen, kann beten und loben 
den lieben Gott im Himmel droben. 
4. Ein Herz, ein Herz hab' ich in der Brust, 
so klein, und klopft doch so voller Lust 
und liebt doch den Vater, die Mutter so sehr. 
Und wißt ihr, wo ich das Herz hab' her? 
Das hat mir der liebe Gott gegeben, 
das Herz und die Liebe und auch das Leben. 
Wilh. Hey. 
5. Die zwei Geschwister. 
Jakob und Anna waren einmal allein zu Hause. Da sagte Jakob 
zu Anna: „Komm, wir wollen im Hause etwas Gutes zu essen auf— 
suchen und es uns gut schmecken lassen!“ Anna sprach: „Wenn du 
mich an einen Ort führen kannst, wo uns niemand sieht, so will ich 
mitgehen.“ „Nun,“ sagte Jakob, „go komm mit in die Milchkammer! 
25 Dort wollen wir eine Schüssel süsser Milch verzehren.“ Anna sprach: 
„Dort sieht es der Nachbar, der auf der Gasse Holz spaltet.“ „So 
komm mit mir in die Küche!“ sagte Jakob. „In dem Küchenschrank 
steht ein Topf voll Honig; in den wollen wir unser Brot eintunken.“ 
Anna antworteté: „Dort kann uns die Nachbarin sehen, die an 
80 ihrem Penster sitzt und spinnt.“ „So wollen wir unten im Keller 
Apfel essen,“ sagte Jakob. „Dort ist es so stocksinster, dals uns ge⸗ 
wiss niemand sieht.“ Anna sprach: „O, mein lieber Jakob, meinst du 
denn wirklich, dass uns dort niemand sieht? Weilst du nichts von 
jenem Auge dort oben, das die Mauern durchdringt und ins Dunkle 
85 sieht?“ — Jakob erschrak und sagteé: „Du hast recht, liebe Schwester; 
Gott sieht uns auch da, wo uns kein Menschenauge sehen kann. Wir 
wollen daher nirgends etwas Böses thun.“ 
Bedenke, dalss, wo du auch bist, 
stets Gott in deiner Näàhe ist. Naeun Ouristoph v. Sohmid.
	        
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