Full text: (Für das 5. bis 8. Schuljahr in einfachen Schulen, für das 5. bis 6. Schuljahr in gegliederten Schulen) (Band 2, [Schülerband])

3. Und wie in schönen Kleidern 4. Und wie er allen Freude 
Nun pranget jung und alt. Und Frieden bringt und Ruh', 
Hat er für sie geschmücket So ruf auch du nun jedem 
Die Flur und auch den Wald. „Gott grüß' dich!" freundlich zu. 
Hosfmann v. Fallersleben. 
20. ßin Weihnachtsabend. 
„Mutterle, gelt, du machst heut abend das Küchenfenster 
ans, daß das Christkindlein gleich herein kann," sagte ein mattes 
Sümmchen zu der blassen Frau, die nähend am Fenster saß. 
Der gramvolle Ausdruck ihres Gesichtes wurde noch trauriger, 
als sie seufzend erwiderte: „Gewiß, Fritzchen, ehe ich mit der 
Arbeit fortgehe, mach' ich's aus." „Nicht wahr," ertönte wieder 
das Stimmchen ans der Ccke, wo ein Kiiiderbett stand, „nicht 
wahr, Mutterle, ich war schön brav, und das Christkindlein bringt 
mir etwas recht Schönes?" „Ja, mein Herzchen, du warst ganz 
brav; aber weißt du, wir wohnen im Hinterhaus, und wenn das 
Ehristkindchen zu uns kommt, hat es schon die meisten Sachen 
vom abgegeben." Ach, die Bescherung würde ja nur gar so 
mager ausfallen, und da war's besser, daß Fritzchen sich keine 
vergeblichen Hoffnungen machte. Aber als das Kind mit weiner¬ 
licher Stimme anhob: „Ich hab' doch alle Tage zum lieben 
Christkindlein gebetet, und ich hab's ihm doch immer gesagt, was 
ich so gern hätte," da fragte die Frau: „Nun, Fritzchen, was 
hättest du denn gar so gern?" „Ein Bilderbuch. Mutterle, ein 
. recht schönes Bilderbuch mit vielen Tieren und dann ein Heft, 
in das ich -sie abzeichnen kann." Die Frau seufzte. „Fehlt dir 
was, Mutterle?" frug Fritzchen, und Tränen zitterten in dem 
schwachen Sümmchen. „Nein, mein Herzchen," erwiderte rasch 
die Frau, indem sie zu dem kleinen Knaben trat und sich zu einem 
heiteren Lächeln. zwang. „Das Kind darf nicht weinen, sonst 
kann es sehr schlimm werden," hatte der Arzt gesagt. Fritzchen 
sah forschend in das Gesicht der Mutter; er las es ihr ja an 
den Augen ab, wenn sie traurig war, und dann flössen seine 
Tränen unaufhaltsam. Die Frau legte eine Hand auf die fieber¬ 
heiße Stirn, die andere aus das Herz des Kindes. In der kleinen 
Brust hämmerte es in raschen Schlägen. Fritzchen streichelte 
zärtlich die Hand der Mutter. Sie beugte sich nieder und küßte
	        
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