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48. Hoffnung.
(£s reden und träumen die Menschen viel
von bessern künftigen Tagen;
nach einem glücklichen, goldenen Ziel
sieht man sie rennen und jagen.
Die U)elt wird alt und wird wieder jung,
doch der Mensch hofft immer Verbesserung.
2. Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,
sie umflattert den fröhlichen Knaben,
den Jüngling begeistert ihr Zauberschein,
sie wird mit dem Greis nicht begraben;
denn beschließt er im Grabe den müden Lauf,
noch am Grabe pflanzt er — die Hoffnung auf.
3. Ts ist kein leerer, schmeichelnder Mahn,
erzeugt im Gehirne des Toren.
Iin Herzen kündet es laut sich an:
zu was Befferm sind wir geboren!
Und was die innere Stimme spricht,
das täuscht die hoffende Seele nicht.
Friedrich von Schiller.
49. Der Schatzgräber.
1. Arm am Beutel, krank am Herzen,
schleppt' rch meine langen Tage.
Armut ist die größte Plage,
Reichtum ist das höchste Gut!
Und, zu enden meine Schmerzen,
ging ich, einen Schatz zu graben.
„Meine Seele sollst du haben!"
schrieb ich hin mit eignem Blut.
2. Und so zog ich Kreis' um Kreise,
stellte wunderbare Flammen,
Kraut und Knochcuwerk zusammen;
die Beschwörung war vollbracht.
Und auf die gelernte Weise
grilb ich nach dem alten Schatze
ans dem angezeigten Platze;
schwarz und stürmisch war die Nacht.
3. Und ich sah ein Licht von weitem,
und es kam gleich einem Sterne
hinten aus der fernsten Ferne
eben, als es zwölfe schlug.
Und da galt kein Vorbereiten:
heller ward's mit einem Male
von dem Glanz der vollen Schale,
die ein schöner Knabe trug.
4. Holde Angen sah ich blinken
unter dichtem Blumenkränze;
in des Trankes Himmelsglanze
trat er in den Kreis herein,
llnd er hieß mich freundlich trinken,
und ich dacht': Es kann der Knabe
mit der schönen, lichten Gabe
wahrlich nicht der Böse sein.