Full text: [Dritter Teil = (6. bis 8. Schuljahr)] (Dritter Teil = (6. bis 8. Schuljahr))

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Jahren, feit die Hütte verkauft wurde, daß du nicht bei mir übernachten 
würdest, da ich dir doch kein eigenes Heim bieten kann." 
7. Dr. Holmberg fühlte einen Druck im Hälfe. Er blickte auf die 
Neste der guten Mahlzeit, auf das weiße Tischtuch und den Porzellan¬ 
teller mit kleinen, blauen Rändern, von dem er gegessen hatte — die 
andern drei Teller waren nur weiß, und er sah auf dem Schlafsofa der 
Nählotte ein paar blendend weiße Laken mit breiten Spitzen. Er wandte 
das Gesicht fort, damit keiner sehen sollte, was seine Augen taten, und 
murmelte: „Aber, Mutter, wo in aller Welt hast du all das Feine und 
Prächtige hernehmen können?" 
„O, du kannst mir glauben, daß die Läden hier nichts Schlechtes 
führen, und dann hatte der Fleischer gestern Schlachttag, und Bahn¬ 
meisters Minna überließ mir ihr Fleisch, als sie erfuhr, um was es sich 
handelte!" 
„Und das Geld, und das Porzellan, und das Tischtuch, und das 
seine Bett, Mutter?" 
Sie reckte ihre gebeugte Gestalt, so gut sie konnte, zu alter Höhe 
empor und bekam wieder etwas von dem belehrenden Tone, in dem sie ihn 
als kleinen Jnngen gewarnt hatte, sich vor den sprühenden Funken der 
Esse zu hüten, als sie antwortete: „Was redest du nur, Sven! Ich habe 
ja die ganze Aeit aus dich gewartet!^ Nach Alfred af Hrdenstierna. (Die Woche.) 
6. Das taube Mütterlein. 
H Mer öffnet leiseEchloß und Tür? 
U)er schleicht ins Haus herein? — 
Ts ist der Eohn, der wiederkehrt 
zum tauben Mütterlein. 
2. Tr tritt herein. Eie hört' ihn nicht, 
sie faß am Herd und spann; 
da tritt er grüßend vor sie hin 
und spricht sie „Mutter!" an. 
3. Und wie er spricht,so blicktsie auf, 
und — wundervoll Geschick — 
sie ist nicht taub dem milden Mort, 
sie hört ihn mit dem Blick. 
4. Eie tut die Arme weit ihm auf, 
und er drückt sich hinein; 
da hörte seines HerzensEchlag 
das taube Mütterlein. 
5. Und wie sie nun beim Eohue sitzt 
so selig, so verklärt — 
ich wette, daß taub Mütterlein 
die 'Englein singen hört. 
Friedrich Halm, 
7. Der Notpfennig. 
1. Es war ein schöner, heißer Sommermittag im Harzgebirge. Ich 
wollte nach dem Brocken und wanderte nun durch ein kleines Tal den 
schmalen, an der Berglehne sich hinziehenden Fußsteig. Da saß ein armer, 
alter Manu mit dünnen, schneeweißen Locken am Wege. Er hatte einen
	        
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