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Von Siegfried und Kriemhtlde.
unter den Streichen der Burgunden. Endlich baten die ermatteten Sieger
um freien Abzug. „Er soll euch werden", rief Kriemhilde, „wenn ihr
mir Hagen ausliefert!" „Niemals!" ertönte es aus der mit Leichen
Der Brand besäten Halle. Da ließ die entmenschte Königin den Saal an den vier
des Saales. ($(fen anzünden, Flammen und Rauch sollten die Verhaßten vernichten;
aber an die sechshundert überlebten die grausige Nacht, mit ihren Schilden
schützten sie sich gegen die fallenden Feuerbrände und stillten ihren Durst
mit dem Blute der Erschlagnen.
Am Morgen begann das Morden aufs neue, doch die Hunnen
vermochten die Helden im rauchenden Saale nicht zu bezwingen.
Rüdigers „Markgraf", sprach Kriemhilde zu dem edeln Rüdiger, „gedenke
ßat$ot)Uni) ^e^ne§ Schwures und räche meine Schmach an den Burgunden!" Wohl
selten ward Schwereres von einem Helden gefordert: die da drinnen
waren seine Freunde, Giselher der Verlobte seiner Tochter, tiefer Schmerz
erfüllte des Tapfern Brust; aber — es mußte sein, so forderte es Mannen-
treue. Er stürmte mit seinen Recken in den Saal. Da stand der grimme
Hagen mit zerspelltem Schild und bat um einen neuen. Rüdiger reichte
ihm den seinen, dann schlug er mit dem Schwerte den Burgunden manche
todbringende Wunde, endlich forderte ihn Gernot zum Zweikampfe, da
sanken beide tot nieder, jeder von des andern Hand. Mit Rüdiger fielen
alle seine Mannen.
Der alte Lautes Wehklagen erscholl in der Burg. Mit den Worten „Gebt
Hildebrand uns den toten Markgrafen heraus!" trat der alte Hildebrand, der Waffen-
im Kampfe. mej^er Dietrichs von Bern mit seinen Mannen an des Saales Tür.
„Holt ihn selbst!" gab Volker zur Antwort. Aufs neue flogen die Schwerter
aus den Scheiden, da ward Volker, der Spielmann, erschlagen, Dankwart
sank dahin, es fiel auch der junge Giselher, nur Gunther und Hagen
blieben noch am Leben; alle Kämpen Hildebrands lagen in ihrem Blute,
der alte Waffenmeister lief verwundet zu seinem Herrn, daß er's ihm ansage.
Dietrich von Nunmehr griff der gewaltige Dietrich zu den Waffen, ihm ver-
Bem fesselt mochten Hagen und Gunther nicht zu widerftehn, gefesselt brachte er sie
^Gunther.^ Kriemhilde. „Edle Königin, noch nie wurden so tapfre Helden ge-
fesselt, sei ihnen gnädig!" sprach Dietrich und ging hinaus. Aber die
Tod Gunthers racheschnaubende Kriemhilde ließ die beiden in den Kerker werfen und
und Hagens. Gunther den Kopf abschlagen. Dann trat sie mit des Bruders Haupt
vor Hagen: „Jetzt sage mir, wohin hast du den Hort versenkt?" „Das
weiß nur ich, du Teufelin sollst es nie erfahren!" entgegnete der finstre
Hagen. Da riß sie dem Gefesselten das Schwert aus der Scheide und
hieb ihm den Kopf ab.