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führen. Hohe Waldgebirge winken lange aus blauer Ferne, spie¬
geln sich dann in dem herrlichen Strome, bis er die weite,
schrankenlose Ebene betritt und nun dem Schoße des Meeres
zueilt.
An den Wiegen des Rheines erklingen die Gesänge armer,
aber freier und froher Hirten; an seinen Mündungen Zimmert
ein eben so freies, dabei reiches, kunstsinniges, gewerbfleißiges,
unternehmendes Volk seine schwimmenden Häuser, welche die
fernsten Länder und Meere beschissen und einst beherrscht haben.
Wo ist der Strom, der eine Schweiz an seinen Quellen, ein
Holland an seinen Mündungen hätte? den seine Bahn so durch
lauter fruchtbare, freie, gebildete Landschaften führte? Freilich
haben andere Ströme weit größere Wasserfülle und Breite, aber
der Rhein hat klare, immer volle, sich fast gleich bleibende Flu¬
ten, und seine Breite ist gerade die rechte, hinreichend für Floß
und Schiff, für allen Verkehr der Völker, und doch nicht so groß,
daß sie die beiden Ufer von einander schiede, daß nicht der er¬
kennende Blick, der laute Ruf ungehindert hinüber reichte.
Mächtig und ehrfurchtgebietend erscheint er, als ein bewegter
Wasserspiegel in den heitersten Rahmen gefaßt, nicht als eine
wässerige Öde mit nebligen Ufern.
Der Rheinstrom ist recht eigentlich der Strom des mittleren
Europa. Aus der schönen Stromebene des mittleren Rheines
führen Wasserstraßen zu reichen,. herrlichen Landschaften tief in
Deutschland und Frankreich hinein. Die Mosel auf der linken,
der Main auf der rechten Seite verbinden Lothringen und
Franken. Der Rheinstrom selber aber und seine Ufer sind die
große Handels- und Reisestraße zwischen Süden und Norden,
zwischen Holland und der Schweiz, England und Italien, die
eine immer größere Bedeutung erhält, je inniger und lebendiger
die Berührungen aller Art zwischen den verschiedenen europäischen
Staaten werden.
225. vor vom zu Köln.
(Nach Franz Sclunidt.)
Köln zählt in seinen Mauern eine Menge merkwürdiger
Kirchen und anderer Denkmäler aus alter und neuer Zeit.
Unter denselben steht voran der herrliche Dom, welcher jetzt
nach seiner Vollendung das schönste und erhabenste Meister¬
werk gotischer oder deutscher Bauart, d. h. des Spitzbogen¬
stils, auf der ganzen Erde ist.
Der Bau des Doms begann schon im Jahre 1248 durch
den Erzbischof Konrad von Hochstätten, der am 14. August