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er hatte zu viel Selbständigkeit gezeigt. Ohne Umstände kletterte er
von seinem Strauch herab dem Wasser zu und setzte sich auf ein
Seerosenblatt. „Wöge es dir gut gehen, kleiner Joachim!" sprach
ich; „der Fimmel beschere dir eine Lebensgefährtin und schütze dich
vor dem Storch wie vor Frösche fangenden Buben! Dann habe
ich dich nicht umsonst aus dem Staub und aus der Tinte gezogen."
„Brekekekex!" sagte er und tauchte unter. L. Bndde.
110. Die Eidechsen.
Daß viele Menschen sich vor den Schlangen fürchten,
davonspringen oder sie des Lebens berauben, das ist noch
wohl begreiflich, weil man sie für gefährlich hält und im zweifel¬
haften Falle lieber eine ungiftige totschlägt als von einer gif¬
tigen sich beißen läßt. Aber warum sind viele Leute sogar
den Eidechsen feind, diesen unschuldigen Tieren, die niemand
beleidigen, niemand schaden, vielmehr dem Landmanne nützlich
werden, indem sie von allerlei kleinen Insekten oder soge¬
nanntem Ungeziefer sich nähren? Höchstens können sie euch
ein wenig erschrecken, wenn ihr so in euern stillen Gedanken
dahinwandelt und auf einmal etwas im Laube rauscht. Aber
wer ein gutes Gewissen hat, muß sich gewöhnen, nicht vor
allem zu erschrecken. Wer ein böses Gewissen hat, dem ist
freilich in diesem Punkt übel raten.
„Der Wind im Wald, das Laub am Baum saust ihm Ent¬
setzen ZU."
Nun, alle Leute sind so furchtsam freilich auch nicht, und
im Frühjahr, wenn man wieder ins Feld und ins Grüne geht und
überall in der mannigfaltigsten Gestalt das frohe Leben hervor¬
wimmelt und laut wird, bleibt auch wohl ein verständiger
Mann einen Augenblick vor einer Eidechse stehen, betrachtet
ihr grünes Gewand, wenn es schöner als Smaragd an der
Sonne schimmert, bewundert ihre unnachahmliche Geschwin¬
digkeit und sieht mit Vergnügen ihren unschuldigen Spielen zu.
Dann geht er mit guten Gedanken seines Weges weiter, riecht