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Glück ins Haus gebracht hatte, als ein Mensch sich nur wünschen
kann. Denn es ist eine eigene Sache mit dem, was richtig und was
falsch ist, und schlecht Ding in guter Hand ist immer noch sehr viel
mehr wert als gut Ding in schlechter.
Richard von Volkmann-keander.
32. Meister Pfriem.
Meister Pfriem war ein kleiner, hagerer, aber lebhafter
Mann, der keinen Äugenblick Ruhe hatte. Sein Gesicht, aus
dem nur die aufgestülpte Nase vorragte, war pockennarbig
und leichenblaß, sein Haar grau und struppig, seine Äugen
klein, aber sie blitzten unaufhörlich rechts und links hin. Er
bemerkte alles, tadelte alles, wußte alles besser und hatte in
allem recht. Ging er auf der Straße, so ruderte er heftig mit
beiden Ärmen, und einmal schlug er einem Mädchen, das
Wasser trug, den Eimer so hoch in die Luft, daß er selbst
davon begossen ward. „Schafskopf!“ rief er ihr zu, indem er
sich schüttelte; „konntest du nicht sehen, daß ich hinter dir
herkam?“
Seines Handwerks war er ein Schuster, und wenn er arbei¬
tete, so fuhr er mit dem Drahte so gewaltig aus, daß er jedem,
der sich nicht weit genug in der Ferne hielt, die Faust in den
Leib stieß. Kein Geselle blieb länger als einen Monat bei ihm,
denn er hatte an der besten Arbeit immer etwas auszusetzen.
Bald waren die Stiche nicht gleich, bald war ein Schuh länger,
bald ein Absatz höher als der andere, bald war das Leder
nicht hinlänglich geschlagen. „Warte,“ sagte er zu dem Lehr¬
jungen, „ich will dir schon zeigen, wie man die Haut weich
schlägt!“ holte den Riemen und gab ihm ein paar Hiebe über
den Rücken. Faulenzer nannte er sie alle.
Er selber brachte aber doch nicht viel vor sich, weil er
keine Viertelstunde ruhig sitzen blieb. War seine Frau früh¬
morgens aufgestanden und hatte Feuer angezündet, so sprang
er aus dem Bett und lief mit bloßen Füßen in die Küche.
„Wollt ihr mir das Haus anzünden?“ schrie er; „das ist ja