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Und unter den alten Eichen mit den weit überhängenden Asten
standen die viereckigen Lehmhütten der Germanen. Vielleicht ist
euer Eichbaum aus dem uralten Wurzelwerk gewachsen. Das Dach
dieser Hütten war dick mit Schilfrohr belegt. Die Tür war niedrig,
Fenster waren nicht darin. Aber ich konnte doch hineinsehen; denn
dicht unter dem Schilfrohrdach waren mehrere kopfgrotze Löcher.
Da kamen Licht und Luft hindurch. Die Menschen nannten sie
Augentüren. Ich mutzte mich schon recht hoch recken, wenn ich durch
diese kleinen Augentüren in die Stube gucken wollte. Zu sehen gab's
ja darin nicht viel. Es waren die richtigen Rauchhöhlen, schwarz und
verräuchert. In der Mitte der Hütte brannte gewöhnlich das Feuer.
Um die Feuerstelle waren grotze Steine gelegt. Uberm Feuer am Dach
hing ein schwarzer Beutel herab; darin räucherte das Rauchfleisch.
Einmal sah ich, wie die Mutter mit einem gegabelten Stock den
Beutel herunterholte und ein Stück Fleisch mit einem stumpfen Messer
abschnitt. Das gab sie den Knaben, die am Feuer satzen. Die legten
das lederharte Stück auf einen Stein und schlugen mit einer Holzkeule
darauf los, damit es mürbe würde. Dann schmorte es noch eine Weile
auf einem harten Stein. Es sollte zur Abendkost gegessen werden.
3. In einer Ecke lag noch ein Haufen Haferstroh. Die Knaben
hatten mit krummen Asten die Körner abgeschlagen; dann hatten sie
diese auf einem hohlen Steine zerrieben, und nun kochte die Mutter
den Haferbrei. Als der Brei gar war, nahm die Mutter den Koch¬
topf und hing ihn auf ein Querholz, das nicht hoch über der Erde war.
Run kamen die Hüttenbewohner und stellten sich um den schwarzen
Topf, der nun die Etzschüssel war. Aber ehe sie an zu essen fingen,
legte die Mutter noch ein grotzes Stück Fett in den Brei. Auch
langte sie nach dem Salzbeutel, der von der Decke herabhing.
Dann begann das Essen mit den grotzen Holzlöffeln. Der
Vater satz auf einem runden Baumstumpf, der in die Erde gegraben
war; alle anderen standen. Die Kinder atzen rohe Mohrrüben zu
dem Haferbrei, die Erwachsenen Rauchfleisch. Dann und wann ging
einer nach dem grotzen Biertopf, der in einer Ecke stand. Mit
krummen Ochsenhörnern füllten sie sich das gelbe Honigbier heraus.
Es waren tüchtige Trinkbecher und unzerbrechliche.
4. Nach dem Abendessen ging's noch ein bitzchen an die Arbeit.
Der Vater lag auf einem Bärenfell und schabte einen Eschenspeer
glatt. Dann setzte er eine Knochenspitze ein. Die Mutter und zwei
grötzere Mädchen satzen an einem Tisch, der nicht weit von der
Feuerstelle stand, und arbeiteten. Die Mutter nähte an einem
Leinwandkleid mit roten Streifen. Die Leinwand dazu hatte sie
selbst mit den Töchtern gewebt. Run sollte das Kleid noch einen