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und sprühenden Funkengarben, alle Fremdkörper, die auf dem Meere
schwimmen, zu Lichtkörpern; in einem lodernden Feuermeer schwebt das
Schiff einher. Alles ist wie in Ekstase wonnetrunken, und die Seele des
Menschen vermag kaum mehr alle die Herrlichkeit einer solchen Abend—
feier der Natur zu fassen; sie ist selig in diesem Vorgenuß der verklärten
Schöpfung und träumt selbst, wie entledigt der Schwerkraft des Leibes,
den Traum der Verklärung.
Dr. P. W. v. Reppler.
174. Meeressturm.
Am öden Strande steh' ich um Mitternacht,
Gleich wilden Rossen bäumen die Wellen sich,
Mit dunkeln, wirr zerzausten Mähnen,
Hüpfend und jagend in tollen Sprüngen.
Die Möven krächzen ängstlich zu Häupten mir,
Wie Seegespenster flatternd im Kreis umher.
Ein Spielball, fliegt das Schiff geschleudert
über die wogenden Wasserberge.
Zerriss'ne Wolken jagen in wilder Flucht,
Wie schwarze Geister, tobend im Kampfgewühl,
Dumpf ächzend, stöhnend, klagend, heulend
Brauset der Nordwind am Felsgestade.
Und urgewaltig tönet im Sturmeswehn
Der Riesenharfe rauschendes Saitenspiel:
Die alte, wilde Zauberweise,
Qündend des Ewigen Macht und Größe.
J. Stader.
Wenn die Stürme sich herabneigen auf die Wellen und ihnen die
Zunge lösen und mit ihnen den zweichörigen, mächtigen Donnorgesang
aufführen, so voll Klage und Wehe, so voll seufzender Sehnsucht, — ist
das nicht die Stimme des Weltalls, welches den Sturz seines Königs
und sein eigenes Leid bejammert? Ist das nicht das mit elementarer
Gewalt vom Gemüt der Schöpfung sich losringende, das Festland um⸗
brandende, zu den Sternen aufdonnernde Klagelied über das verlorene
Paradies, über die gestörte Harmonie, der zum Himmel dringende Schrei
des Heimwehs, der Sehnsucht und des Verlangens?
Kein Teil der Schöpfung scheint so sehr aus dem Verhältnis der
Botmäßigkeit und des Gehorsams gegenüber dem Menschen heraus—
getreten zu sein wie das Meer. Wenn es seine revolutionären Lieder
singt, so erzittert der einstige Herr der Schöpfung; sie greifen ihm ans