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Knecht in die Stnbe und sagte: „Herr, Enerm Pferde fehlt am linken 
Hinterfuß ein Hufeisen. Soll ich's zum Schmied führen?" — „Laß es 
fehlen," erwiderte der Herr; „die paar Stunden, die noch übrig find, 
wird das Pferd wohl aushalten; ich habe Eile." Er ritt fort; aber 
nicht lange, so fing das Pferd an zu hinken. Es hinkte nicht lange, 
so fing es an zu stolpern, und es stolperte nicht lange, so fiel es nieder 
und brach ein Bein. Der Kaufmann mußte das Pferd liegen lassen, 
den Mantelsack abschnallen, auf die Schulter nehmen und zu Fuß nach 
Haus gehen. Erst sehr spät kam er erhitzt und ermüdet dort an. 
„An allem Unglück," sprach er zu sich selbst, „ist der verwünschte 
Nagel schuld." 
322. Räteei. 
Lieblich ist meine Nahrang, süss die Fracht meiner Arbeit, 
gefährlich meine Rache. 
323. Der Bienenstock. 
Vater Biedermann hatte vier Kinder; sie hießen: Karl, Bernhard, 
Lotte und Hannchen. Eines Tages sagte er zu ihnen: „Hört, Kinder, 
wer von euch morgenfrüh um sechs Uhr aufsteht, ohue daß ich ihn 
wecke, dem will ich ein rechtes Fest machen." Die Kinder horchten 
hoch auf. „Was denn für ein Fest, lieber Vater?" fragte Lotte. — 
„Steh' du nur zu rechter Zeit auf, ohne daß ich dich wecke, so wirst 
du erfahren, was für ein Fest es ist," sagte der Vater. — „O, ich will 
gewiß noch vor sechs Uhr aufstehen, ohne daß du mich weckst 1" rief 
Lotte. — „Ich auch! ich auch!" riefen alle. 
Jetzt schlug die Glocke zehn. Nun war es Zeit, zu Bette zu gehen. 
Sie sagten alle dem Vater gute Nacht, und jedes Kind sprach dabei: 
„Du sollst sehen, Vater, daß ich morgenfrüh um sechs Uhr aus dem 
Bette sein werde." Nun legten sie sich zu Bette, und jedes sagte für 
sich, ehe es einschlief: „Halb sechs Uhr! halb sechs Uhr!" Bernhard 
schrieb sogar mit Kreide über sein Bell: „Morgen um halb sechs Uhr 
steht Bernhard auf!" — Da sah man recht, daß der Mensch alles kann, 
was er recht ernstlich will. Kaum hatte es am andern Morgen ein 
Viertel nach fünf geschlagen, so waren schon alle Kinder munter. Jedes 
stand auf, zog sich an und schlich sich zur Kammer hinaus; denn jedes 
glaubte das erste zu sein. Aber fast zu gleicher Zeit kamen sie alle in 
der Wohnstube an. „Guten Morgen!" riefen sie freudig eins dem 
andern zu. „Nun," sagten sie, „wollen wir doch sehen, was für ein 
Fest uns der Vater machen wird." 
Sie gingen zum Vater. „Ei," sprach dieser, „wenn der Vater 
verspricht, den Kindern ein Fest zu machen, dann können sie alle früh 
aufstehen. Nun, ich halte Wort; aber erst tut, Kinder, was alle 
Kinder tun, wenn sie aus dem Bette kommen." Da wuschen sie sich 
die Hände und das Gesicht, spülten den Mund mit frischem Wasser 
aus und kämmten sich. Nun kamen sie wieder zum Vater, und Hann¬ 
chen fragte ungeduldig: „Machst du uns nun ein Fest?" — „Da ist's!"
	        
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