B. Pflichten gegen Gott und den Naͤchsten
scheine, als ich bin und mich selbst erkenne. Lieber Vater, tue mir ferner
nicht mehr Gutes, sondern strafe mich, damit ich wieder zu dir kommen
darf und aufhöre, mein eigner Quäler zu sein! Laß mich nur hart
büßen für mein Vergehen! Denn siehe, ich habe die jungen Bäumchen
beraubt.“ — Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein Herz
und sprach: „Ich vergebe dir, mein Kind! Gebe Gott, daß dieses das
erste und letzte Mal sei, daß du etwas zu verhehlen hast! Dann soll es
mir nicht leid sein um die Bäumchen.“ rledr Adolf Arummacher.
Reu' ist des Herzens Arznei; Reue macht die Seele frei.
55. Der alte Landmann an seinen Sohn.
1. Ub immer Treu' und Redlichkeĩt bis an dein kühles
Grab und weiche keinen Finger breit von Gottes Wegen ab!
2. Dann wirst du wie auf grünen Au'n durchs Pilgerleben
gehn; dann kannst du ohne Furcht und Grau'n dem Tod ins
Auge sehn.
„Dann wird die Sichel und der Pflug in deiner Hand s0
leicht; dann singest du beim Wasserkrug, als wär' dir Wein gereicht
4. Dann suchen Enkel deine Gruft und weinen Tränen drauf,
und Sommerblumen, voll von Dufst, blubhn aus den Tränen auf.
Ludw. Nölty.
56. Die Hirtenslöte.
Ein König hatte einen Schatzmeister, der sich vom Hirtenstabe zu
diesem wichtigen Amte emporgearbeitet hatte. Der Schatzmeister wurde
aber bei dem Könige verklagt, daß er ihn um seine Schätze betrüge und
die geraubten Gelder und Kostbarkeiten in einem eignen Gewölbe mit
eiserner Tür aufbewahre. Der König besuchte den Schatzmeister, besah
dessen Palast, kam an eine eiserne Tür und befahl, sie zu öffnen.
Als der König nun hineintrat, war er nicht wenig erstaunt. Er
sah nichts als vier leere Wände, einen ländlichen Tisch und einen Stroh—
sessel. Auf dem Tische lag eine Hirtenflöte nebst einem Hirtenstabe und
einer Hirtentasche. Durch das Fenster sah man auf grüne Wiesen und
waldige Berge.
Der Schatzmeister aber sprach: „In meiner Jugend hütete ich die
Schafe. Du, o König, zogst mich an deinen Hof. Hier in diesem Ge—
wölbe bringe ich nun täglich eine Stunde zu, erinnere mich mit Freuden
meines vorigen Standes und wiederhole die Lieder, die ich ehemals bei
meinen Schafen zum Lobe des Schöpfers gesungen hatte. Ach, laß mich