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„Wollen Sie nicht ein hübsches Taschengeld verdienen?“ hatte mich
mein Brotherr gefragt. „Ich habe eine Arbeit, die Sie abends nach und
morgens vor den Geschäftsstunden fertigen können. Da Sie von abends 7 Uhr
an Ihre Zeit frei haben, läßt sich das ganz hübsch machen. Sie können auf
diese Weise in manchem Monat noch 60 Mk. erwerben.“
Rasch griff ich zu. Wie freue ich mich des noch heute! Denn dreierlei
Gewinn hatte ich von dieser Thätigkeit.
Erstens. ich lernte etwas; ich mußte Druckbogen verbessern, d. h. die
Fehler, die der Setzer beim Zusammenstellen der Buchstaben gemacht hatte,
am Rande anmerken. Die Handschrift des Verfassers, die neben mir lag,
hatte ich genau mit dem Druckbogen zu vergleichen und die Fehler anzumerken.
Dadurch gewöhnte ich mich an Genauigkeit und Pünktlichkeit und lernte auch
manches von dem Inhalte des Gedruckten.
Zweitens konnte ich den Einladungen meiner Altersgenossen zum Mit⸗
machen ihrer Vergnügungen nicht folgen; ich hatte keine Zeit dazu.
Drittens verdiente ich viel Geld. Ich habe mich bei jener Arbeit recht
wohl befunden. Oft mußte ich morgens vor 4 Uhr anfangen; aber ich kann
auch aus langer Erfahrung die Wahrheit des Wortes bestätigen: Morgenstunde
hat Gold im Munde. Die Stimmung meines Gemütes war großenteils eine
rosige, da ich sah, daß es mit jedem Tage vorwärts ging. Mein Leben war
ein sehr geregeltes, und ich glaube, daß das auf das Befinden eines jungen
Mannes einen größeren Einfluß ausübt, als die meisten zugeben möchten.
Meinen Sie übrigens ja nicht, daß ich ein Stubenhocker gewesen sei! Zwischen
Licht und Dunkel erging ich mich in Gottes freier Natur, und an Sonntag⸗
nachmittagen schüttelte ich den Laden- und Straßenstaub von den Füßen und
durchstreifte die Umgegend meiner Heimat. Gleichgesinnte Freunde gab es auch,
so daß wir solche Ausflüge gemeinsam machten. Außer frischem Mut brachten
wir rote Backen nach Hause und freuten uns wieder eine ganze Woche lang auf
den nächsten Ausflug. Und was bei diesen Spaziergängen gar nicht zu unter⸗
schätzen war, ist das: sie kosteten nichts oder doch sehr wenig. Läßt ja doch Gott
die Sonne scheinen und die Gräser und die Blumen wachsen und die Vöglein
zwitschern und singen für jedermann; durch die Bäume des Waldes zieht für
Reiche und Arme dieselbe erfrischende und stärkende Luft, und auf den Bergen
haben wir umsonst herrliche Rundschau.
Durch solche Ausflüge und darauffolgenden gesunden Schlaf neu gestärkt,
ging ich wohlgemut am andern Morgen wieder an meine Arbeit; seit damals
bis jetzt hat nie ein Arzt auch nur einen Pfennig an mir verdient.“
Mach Hottinger.)
Wer den Pfennig nieht ehrt, ist des Thalers nieht wert. —
Viele Körner machen einen Hausfen. —
Junges Blut, spar' dein Gut; Armut im Alter wehe thut. —
Sparschaft giebt Barschaft.