P. Aus der deutschen Heimat.
Da die ganze Gegend von zahllosen Flußarmen durchzogen ist, so
müssen die Bewohner des Spreewaldes alle Ausflüge und Besuche in
Kähnen abmachen. Diese treiben sie mit großer Geschicklichkeit pfeilschnell 0
durch das Wasser. In festlichem Schmucke fährt man Sonntags in
Kähnen zur Kirche. In feierlichem Schweigen folgen auf Kähnen die
Leidtragenden der Leiche eines Verstorbenen, welche zu Wasser nach dem
Gottesacker gebracht wird. Zu Kahne besucht der Förster sein Revier,
in Kähnen werden die Ernten heimgeholt.
2. Der Fremde, welcher zur Sommerszeit diese Gegend besucht
und zu Kahn bereist, hat einen reichen Genuß. Die hohen, uralten
Eichen und Erlen, welche auf weite Strecken die Ufer umgeben, bieten in
der Sommerschwüle einen erquickenden Schatten und spiegeln ihr dunkles
Laub in dem klaren Wasser. Bald durch endlose Grasflächen, die nur
hier und da mit Weidengesträuch bestanden sind, bald unter dem Laub—
dache mächtiger Bäume gleitet das Fahrzeug auf dem vielfach gewun—
denen Flußarme oder auf dem schnurgeraden Verbindungs-Kanale sanft
dahin, und pausbäckige Spreewaldkinder werfen dem Fremden Seerosen
in den Kahn. Und wenn gar der Abend hereinbricht und der Mond
sein blasses Licht durch das leise flüsternde Laub der Bäume wirft, dann
ist der Anblick überaus köstlich.
Ein ganz andres Bild gewährt der Winter. Kaum hält das
Eis, so schnallt sich jeder Schlittschuhe an. Das arme Mütterchen, das sich
Leseholz sammelt, der Holzhauer, der Förster, Männer, Weiber und Kinder:
alle gleiten sie dann mit großer Schnelligkeit über die spiegelblanken Kanäle.
4. Die Bewohner des Spreewaldes treiben Fischfang und
Gartenbau. Der Boden zeigt einen üppigen Pflanzenwuchs, und das
Gras kann oft vier- bis fünfmal im Jahre geschnitten werden. Man
fährt das Heu nicht ein, sondern stellt es in Haufen von der Form
eines Zuckerhutes auf, nachdem man eine passende Unterlage gebaut hat,
um es vor Überschwemmungen zu schützen. Zos. Auhen.
153. Reiselied.
1. Durch Feld und Buchenhallen, 3. Die Lerch' als Morgenbote
bald singend, bald fröhlich still, sich in die Lüfte schwingt;
recht lustig sei vor allen, ein' frische Reisenote
wer 's Reisen wählen will! durch Wald und Herz erklingt.
2. Wenn's kaum im Osten glühßte, — O Lust, vom Berg zu schauen
die Welt noch still und weit, weit über Wald und Strom,
da weht recht durchs Gemüte hoch über sich den blauen,
die schöne Blütenzeit. tiefklaren Rimmelsdom!
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