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sichtig aufs audre Ufer hinüber. Dann aber verbarg er sein Licht unter den
Mantel und zog unbekümmert darum, ob die andern jenseit zurückbliebcn
oder in die Tiefe hinabstürzten, rasch seines Weges. Ihr sagt, das war
ein gottloser Bösewicht. Ebenso handeln aber alle, die selbst das Evan¬
gelium haben und dennoch gleichgültig zusehen, daß ihre schwarzen und
gelben, roten und braunen Brüder in der Finsternis bleiben. Gottlob
denken nicht alle so. Viele Christen haben sich aufgemacht, um den Heiden
auf die richtige Straße zu leuchten. Der Waisenvater von Halle, August
Hermann Francke, und der fromme Graf Zinzendorf, der Stifter der
Brüdergemeine, denen das Herz von rechter Gottes- und Menschenliebe
entzündet war, haben vor 200 Jahren die ersten evangelischen Missionare
ans Deutschland in die dänischen Kolonien nach Ost- und Westindien und
nach Grönland hinausgeschickt, und viele andre sind ihnen seither gefolgt.
Auch mancher pommersche Landsmann ist schon darunter gewesen, wie der
Pyritzer Schneidersohn Karl Gützlaff, der vor 50 Jahren als einer der
ersten den Chinesen in ihrer schweren Sprache gepredigt hat. Damals
waren freilich noch sehr viele Länder verschlossen und unbekannt, unb
wie es drinnen im Inneren von Afrika oder von China aussah, hatte
noch nie ein Christenange geschaut. Nun aber hat Gott in diesen letzten
Zeiten die Türen zu allen Völkern angelweit anfgetan. Der große Mis¬
sionar und Reisende Livingstone ist mitten durch Afrika gezogen. Die
Chinesen erlauben den Europäern schon, in ihren fernsten Provinzeil zu
wohnen. Eisenbahnen, Dampfschiffe und Telegraphen bringen die ent¬
legensten Küsten uns nahe. Die ganze Welt ist unter die weißen Völker
verteilt. Da haben auch die Christen es eingesehen, daß jetzt die Missions¬
zeit angebrochen ist, und Gott allen Menschen jetzt helfen will. Über 10000
evangelische Missionare treiben an allen Enden sein Werk, davon etwa 1000
ans Deutschland gekommen sind. Die aber daheim sitzen, schicken ihnen zum
Unterhalt nach, was sie bei ihrer Arbeit bedürfen. In jedem Jahre
werden mehr als 60 Millionen Mark für dies Missionswerk geopfert; aber
erst 6 Millionen davon werden in Deutschland gegeben. Zu Berlin und
Basel, Leipzig und Barmen, Herrnhut in Sachsen und Hermannsburg in
Hannover sind große Missionsanstalten, die Missionare ausbilden und senden."
Dies und ähnliches sagte der Pastor in seiner Predigt und bat und
mahnte sehr herzlich, daß sie doch alle um ihres Christenglaubens willen
dabei mithelfen möchten. Fritz, der noch niemals gehört hatte, daß die
Mission jetzt solch gewaltiges Werk sei, nahm sich sogleich vor, es an
seinem Teile nicht fehlen zu lassen.
5. Nachdem sie wieder ein Lied gesungen hatten, bestieg ein zweiter
Prediger die Kanzel. Die Leute stießen einander an und flüsterten: „Das