lebten und leben ließen, allenfalls ein Spiel mitmachten, einem
Glase Wein Bescheid taten und mancherlei erzählen und anhören
konnten, war immer sein bestes Vergnügen; er liebte besonders
den Champagner, und kurz vor den Schlachten in Flandern hielt er
demselben in Namur bei Tisch eine Lobrede, indem er das Glas
erhob und in die Betrachtung ausbrach: „Ist es nicht jammerschade,
daß man gegen ein Volk Krieg führen muß, das einen so herrlichen
Trank braut? Man sollte denken, das müßten die allerbesten
Menschen sein, aber o Gott, o Gott!"
Nichts war merkwürdiger, als wenn er von seinen Kriegs¬
erlebnissen erzählte. Am liebsten sprach er von den Vorfällen in
Schlesien und besonders von der Schlacht an der Kahbach: wenn er
die einzelnen Umstände lebendig und anmutig vortrug, glaubte man
darauf schwören zu müssen, daß die Sache so gewesen, wie er sie
darstellte, und doch war meistens alles falsch. Seine Einbildungs¬
kraft hielt ihm Lieblingsbilder vor, wie die Sache hätte fein können
und am meisten nach seinem Sinne gewesen sein würde, und diesen
folgte er dann unbedenklich. — Auch die Namen der Örter und
Personen erlitten in seiner Einbildungskraft leicht Umgestaltungen,
die er dann hartnäckig festhielt; so hieß der Montmartre bei ihm
unwiderruflich Sankt Märten, der Marschall Marmont ebenso
sicher Marmotte.
Wahrhaft groß erscheint Blücher in seiner neidlosen, freudigen
Anerkennung des Verdienstes anderer, sowohl solches^ das er selbst
nicht teilen konnte, als auch dessen, das in der Bahn des feinigen
lag. Jede würdige Erscheinung, jede tüchtige Kraft hielt er in
Ehren, den Staatsmann und den Schriftsteller, den Kaufmann und
den Künstler, sobald sie ihm in der Persönlichkeit oder in dem
Namensansehen entgegentraten, die ihren Wert ihm verständlich
machten. Das Verdienst des Kriegsmannes wußte er unmittelbar
durch eigenes Urteil zu würdigen. Nicht nur erkannte er willig
jede Eigenschaft seiner Mitfeldherren an; auch den Einsichten der
Oberbefehlshaber, denen er zu verschiedenen Zeiten mehr oder
weniger zu folgen hatte, unterwarf er gehorsam seine eigene
Meinung, so lange ihm die Umstände nicht gebieterisch eine Selb¬
ständigkeit aufdrangen, die er dann freilich zu behaupten wußte.
Aus der höchsteu Prüfung ging sein Charakter rein und groß
hervor in den Verhältnissen, die, einzig in ihrer Art, erst zu Scharn¬
horst und dann zu Gneisenau, besonders aber zu dem letzteren, ihm
zu teil wurden. Mit aufrichtiger Selbsterkenntnis unterwarf er
sich der höheren Einsicht dieser Männer, die weniger seine Unter-
gehenen als seine Freunde und Vertraute waren und gleichwohl in
ihm den gebietenden Feldherrn nicht vermissen konnten. Scharn¬
horst wurde früh von seiner Seite gerissen; Gneisenau aber blieb
der unzertrennliche Gefährte der ganzen Siegeslaufbahn. Welcher
Anteil ihm an ihren Erfolgen gebührte, hat Blücher in dem
höchsten Taumel der Huldigungen, auf dem Gipfel des Ruhmes
und der Ehren stets eifrig und laut verkündigt. Hierher gehört