Full text: [Teil 3 = (6. bis 8. Schuljahr)] (Teil 3 = (6. bis 8. Schuljahr))

lebten und leben ließen, allenfalls ein Spiel mitmachten, einem 
Glase Wein Bescheid taten und mancherlei erzählen und anhören 
konnten, war immer sein bestes Vergnügen; er liebte besonders 
den Champagner, und kurz vor den Schlachten in Flandern hielt er 
demselben in Namur bei Tisch eine Lobrede, indem er das Glas 
erhob und in die Betrachtung ausbrach: „Ist es nicht jammerschade, 
daß man gegen ein Volk Krieg führen muß, das einen so herrlichen 
Trank braut? Man sollte denken, das müßten die allerbesten 
Menschen sein, aber o Gott, o Gott!" 
Nichts war merkwürdiger, als wenn er von seinen Kriegs¬ 
erlebnissen erzählte. Am liebsten sprach er von den Vorfällen in 
Schlesien und besonders von der Schlacht an der Kahbach: wenn er 
die einzelnen Umstände lebendig und anmutig vortrug, glaubte man 
darauf schwören zu müssen, daß die Sache so gewesen, wie er sie 
darstellte, und doch war meistens alles falsch. Seine Einbildungs¬ 
kraft hielt ihm Lieblingsbilder vor, wie die Sache hätte fein können 
und am meisten nach seinem Sinne gewesen sein würde, und diesen 
folgte er dann unbedenklich. — Auch die Namen der Örter und 
Personen erlitten in seiner Einbildungskraft leicht Umgestaltungen, 
die er dann hartnäckig festhielt; so hieß der Montmartre bei ihm 
unwiderruflich Sankt Märten, der Marschall Marmont ebenso 
sicher Marmotte. 
Wahrhaft groß erscheint Blücher in seiner neidlosen, freudigen 
Anerkennung des Verdienstes anderer, sowohl solches^ das er selbst 
nicht teilen konnte, als auch dessen, das in der Bahn des feinigen 
lag. Jede würdige Erscheinung, jede tüchtige Kraft hielt er in 
Ehren, den Staatsmann und den Schriftsteller, den Kaufmann und 
den Künstler, sobald sie ihm in der Persönlichkeit oder in dem 
Namensansehen entgegentraten, die ihren Wert ihm verständlich 
machten. Das Verdienst des Kriegsmannes wußte er unmittelbar 
durch eigenes Urteil zu würdigen. Nicht nur erkannte er willig 
jede Eigenschaft seiner Mitfeldherren an; auch den Einsichten der 
Oberbefehlshaber, denen er zu verschiedenen Zeiten mehr oder 
weniger zu folgen hatte, unterwarf er gehorsam seine eigene 
Meinung, so lange ihm die Umstände nicht gebieterisch eine Selb¬ 
ständigkeit aufdrangen, die er dann freilich zu behaupten wußte. 
Aus der höchsteu Prüfung ging sein Charakter rein und groß 
hervor in den Verhältnissen, die, einzig in ihrer Art, erst zu Scharn¬ 
horst und dann zu Gneisenau, besonders aber zu dem letzteren, ihm 
zu teil wurden. Mit aufrichtiger Selbsterkenntnis unterwarf er 
sich der höheren Einsicht dieser Männer, die weniger seine Unter- 
gehenen als seine Freunde und Vertraute waren und gleichwohl in 
ihm den gebietenden Feldherrn nicht vermissen konnten. Scharn¬ 
horst wurde früh von seiner Seite gerissen; Gneisenau aber blieb 
der unzertrennliche Gefährte der ganzen Siegeslaufbahn. Welcher 
Anteil ihm an ihren Erfolgen gebührte, hat Blücher in dem 
höchsten Taumel der Huldigungen, auf dem Gipfel des Ruhmes 
und der Ehren stets eifrig und laut verkündigt. Hierher gehört
	        
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