Full text: [Teil 3 = Sechstes - Achtes Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 3 = Sechstes - Achtes Schuljahr, [Schülerband])

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Karten. Und so wurden denn in aller Eile die Schulkarten, die 
Katasterkarten, die Dorf- und Feldpläne der Gemeinden zu Rate 
gezogen. Auch der Marschall Mac-Mahon war am Donnerstag 
abend in Fröschweiler, erschien einen Augenblick im Schloß und 
wechselte einige Worte mit dem General d’Fierillier, zog sich aber 
bald wieder zurück. Es war eine große, unheimliche Bewegung. 
Unser armes Dörflein war zu einem tosenden Heerlager geworden. 
Besonders aufgemuntert wurden unsere Leute gegen Abend, als 
es hieß: »Die Turko kommen!« Auch muß der Chronikschreiber 
noch berichten, daß in seinem Hause bereits Anstalten zur Ver¬ 
pflegung der Verwundeten getroffen wurden. Der Oberstabsarzt 
des 1. Korps der Rheinarmee war mit einer ganzen Schar junger 
Ärzte im Pfarrhaus einquartiert, ein edler, heldenmütiger Charakter, 
der viel Unheil verhütet hat. 
Freitag, den 5. August. Endlich graute der Morgen. Schon 
ganz frühe kamen die traurigen Überreste der bei Weißenburg 
geschlagenen Divisionen: entronnene Turko und Liniensoldaten, 
Verwundete, am Stecken hinkend oder auf Maultieren hockend, 
Kanonen, zertrümmerte Wagen und Karren mit einer Menge dazu 
gehöriger Ausrüstungsgegenstände. Das war wieder ein böser, 
erschütternder Anblick. Ganz frühe schon war auch der Marschall 
hier eingetroffen und hatte sein Hauptquartier im Schlosse Dürck- 
heim genommen. Infolge der zahlreichen Truppenansammlungen 
war der Mangel an Lebensrnitteln aufs Höchste gestiegen. Die 
Soldaten, jetzt hungerwütige Banden, plünderten und raubten scho¬ 
nungslos, was sie erreichen konnten. Gegen Abend wurde der 
entsetzlichen Hungersnot ein Ende gemacht. Es kamen 33000 Ra¬ 
tionen Lebensrnittel; die wurden so schnell wie möglich überallhin 
verteilt. Es trafen auch in der Nacht immer noch neue Regimenter 
ein. Unsere Gnadenfrist war abgelaufen; nur eine Nacht ver¬ 
schleierte noch unser trübes Verhängnis. Im ganzen Heere war 
man auf einen jähen, furchtbaren Zusammenstoß mit dem Feinde 
gefaßt, obschon eine Schlacht auf den anbrechenden Morgen des 
6. Augusts weder beabsichtigt noch eigentlich erwartet war. Auch 
der Chronikschreiber wußte, wie viel Uhr es geschlagen. Doktor 
Sarasin hatte ihn beiseite genommen und ihm eröffnet: »Wenn Sie 
noch etwas zu retten haben, Weib, Kinder, Hab und Gut, so tun 
Sie es auf der Stelle; denn Sie werden hier Greuelszenen erleben, 
von welchen Sie keine Ahnung haben.« Das war eine Aussicht!
	        
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