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165. Am St. Gotthard.
Der alte Weg über den Gotthard war sehr holprig und blieb
es auch, als die verbündeten Eidgenossen der Schweiz vor mehr
als 500 Jahren einen 3 bis 5 m breiten Saumpfad anlegten, der
an vielen Stellen sogar gepflastert war. Die Warenballen und
Fässer wurden auf starkknochige, eigens dazu eingeübte Pack¬
pferde und auf Maultiere geladen; über deren Rücken war ein
langer hölzerner Sattel gelegt, auf dessen beiden Seiten man das
Gepäck im Gleichgewicht aufhängte. Von ferne mochte es sich
ganz zauberhaft ausnehmen, wenn ein solcher Zug von Saum¬
rossen hoch im Nebel der Wolken daherkam und ihr Geläute die
erhabene Stille des Hochgebirges unterbrach. Aber das Leben
der Säumer war wüst und roh. In stetem Kampr mit den Hinder¬
nissen und Gefahren wurden sie unwirsch und jähzornig, ge¬
wöhnten sich ans Fluchen und an den Trunk und brachten ihr
Leben selten hoch. Bei günstigstem Wetter brauchten sie, um von
Flüelen nach Bellinzona zu gelangen, vier Tage.
Das 19. Jahrhundert brachte für die Alpenübergänge eine
neue Zeit. Napoleon I. fing mit dem Bau von Kunststraßen