Full text: [Teil 3 = Sechstes - Achtes Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 3 = Sechstes - Achtes Schuljahr, [Schülerband])

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halt still und frag di Gwisse z'erst — 
's cha Dütsch, gottlob! — und folg fi'm Rot! 
11. Wo mag der Weg zum Chilchhof si? 
Was frogsch no lang? Gang, wo de witt! 
Zum stille Grab im chüele Grund 
führt jede Weg, und 's fehlt si nit. 
12. Doch wandle du in Göttis Furcht! 
I rot der, was i rote cha. 
Sel Plätzli het e gheimi Tür, 
und 's sin N0 Sachen ehne dra. Johann Peter Hebel. 
n 19. Der geheilte Patient. 
Reiche Leute haben trotz ihren gelben Vögeln doch manchmal auch 
allerlei Lasten und Krankheiten auszustehen, von denen, gottlob! der 
arme Mann nichts weiß; denn es gibt Krankheiten, die nicht in der 
Luft stecken, sondern in den vollen Schüsseln und Gläsern und in 
den weichen Sesseln und seidenen Betten, wie jener reiche Amster¬ 
damer ein Wort davon reden kann. Den ganzen Vormittag saß er 
im Lehnsessel und rauchte Tabak, wenn er nicht zu faul war, oder 
hatte Maulaffen feil zum Fenster hinaus, aß aber zu Mittag doch 
wie ein Drescher, und die Nachbarn sagten manchmal: „Windet's 
draußen oder schnauft der Nachbar so?" Den ganzen Nachmittag aß 
und trank er ebenso, bald etwas Kaltes bald etwas Warmes, ohne 
Hunger und ohne Appetit, aus lauter Langerweile bis an den Abend, 
also daß man bei ihm nie recht sagen konnte, wo das Mittagessen 
aufhörte und wo das Nachtessen anfing. Nach dem Nachtessen legte 
er sich ins Bett und war so müde, als wenn er den ganzen Tag Steine 
abgeladen oder Holz gespalten hätte. Davon bekam er zuletzt einen 
dicken Leib, der so unbeholfen war wie ein Maltersack. Essen und 
Schlaf wollten ihm nimmer schmecken, und er war lange Zeit, wie 
es manchmal geht, nicht recht gesund und nicht recht krank; wenn 
man aber ihn selber hörte, so hatte er 365 Krankheiten, nämlich alle 
Tage eine andere. 
Alle Ärzte, die in Amsterdam waren, mußten ihm raten. Er 
verschluckte ganze Feuereimer voll Arzneien und ganze Schaufeln voll 
Pulver und Pillen wie Enteneier so groß, und man nannte ihn zu¬ 
letzt scherzweise nur die zweibeinige Apotheke. Aber alle Arzneien 
halfen ihm nichts; denn er befolgte nicht, was ihm die Arzte befahlen, 
Lesebuch III. 3
	        
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