Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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schaft um mich. In Ostsudan lebte ich eigentlich meinen Tieren 
mehr als den Menschen, und das hatte seinen guten Grund. Die 
dortigen Menschen verstanden mich nicht oder waren Leute, denen 
man lieber aus dem Wege geht, als daß man sie aufsucht. Deshalb 
befand ich mich wohler unter den Tieren, welche zuweilen fast sämt— 
liche Räumlichkeiten meiner Wohnung im Besitz hatten. 
Unter andern hielt ich gleichzeitig über ein Dutzend Afsen, große 
und kleine, Meerkatzen und Paviane. Jedes dieser merkwürdigen 
Tiere hatte sein eigenes Wesen und gab mir Gelegenheit zu höchst 
anziehenden und unterhaltenden Beobachtungen. Der eine war zänkisch 
und bissig, der andere friedfertig und zahm, der dritte mürrisch, der 
vierte ewig heiter, dieser ruhig und einfach, jener pfiffig und ununter⸗ 
brochen auf läppische oder boshafte Streiche bedacht; alle aber kamen 
darin überein, daß sie größeren Tieren gern einen Schabernack an— 
taten, kleinere beschützten, hegten und pflegten. Ich hatte in den 
Urwäldern des Innern häufig Proben ihrer sprichwörtlich gewordenen 
Mutterliebe und ihres gegenseitigen Zusammenstehens zu Schutz und 
Trutz gesehen, sollte sie aber doch erst in der Gefangenschaft gründlich 
kennen lernen 
Während einer Reise auf dem blauen Flusse brachten mir die 
Sudanesen eines Nachmittags fünf frisch gefangene Meerkatzen zum 
Verkauf. Ich freute mich ungemein, mir gute Reisegesellschaft er— 
werben zu können, und brachte alle fünf gegen Erlegung der gefor— 
derten Summe von einer Mark unseres Geldes an mich Aber ich 
hatte mich sehr verrechnet, indem ich geglaubt hatte, lustige Reise— 
gefährten zu erhalten. Es waren Affen, denen ich das schwere Los 
der Gefangenschaft zugedacht hatte Die Tiere saßen stumm und 
traurig an dem Bord des Schiffes, wo sie der Reihe nach angebunden 
worden waren, und bedeckten sich das Gesicht mit beiden Händen wie 
tiefbetrübte Menschenkinder. Die leckerste Speise blieb unberührt, und 
sehr schwermütige Gurgeltöne drückten offenbar ihre gedrückte Stim— 
mung aus. Diese Stimmung scheint sie aber zur kecken Tat ge— 
trieben zu haben. Denn am andern Morgen war nur ein Affe auf 
dem Schiffe zu sehen, alle übrigen hatten sich nachts auf- und davon— 
gemacht. Ich untersuchte die zurückgelassenen Stricke; kein einziger 
war zerrissen, wohl aber hatten die Tiere alle Knoten sorgfältig ge— 
löst. Das konnte nur gegenseitig geschehen sein, sonst hätte sich der 
Zurückgebliebene auch befreit. Bei genauerer Prüfung ergab es sich, 
daß er von seinen Mitgefangenen nicht hatte erreicht werden können. 
Später sah ich es übrigens mit an, wie ein Affe den andern seiner 
Bande entledigte 
Der noch vorhandene Affe war ein Männchen und erhielt wie 
so viele seiner Art den beliebten Namen Koko. Er trug sein Geschick 
mit Würde und Fassung. Die erste Untersuchung hatte ihn gelehrt, 
daß seine Fesseln für ihn unlösbar seien; deshalb fügte er sich ge—
	        
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