Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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klagte, ihre Tränen an Siegfried zu rächen. Falsche Boten wurden 
an ihn bestellt, die einen Angriff der Sachsen meldeten. Siegfried, 
der seinen Freunden stets gern diente, erbot sich alsbald, den Kampf 
für sie zu bestehen. Als das Heer bereit waͤr, nahm Hagen von 
Chriemhilden Abschied. Sie bat ihn, über Siegfrieds Leben in der 
Schlacht zu wachen. Deshalb vertraute sie ihm, daß Siegfried an 
einer Stelle zwischen den Schultern verwundbar sei, wohin ihm ein 
Lindenblatt gefallen, als er sich im Blute des Drachen gebadet. 
Diese Stelle zu bezeichnen, nähte sie nach Hagens Rat auf ihres 
Mannes Gewand ein kleines Kreuz. Hagen freute sich der gelun⸗ 
genen List, und kaum war Siegfried ausgezogen, so kamen aͤndere 
Boten mit Friedenskunde. Ungerne kehrte Siegfried um; statt der 
Heerfahrt, sollte nun im Wasgauwalde eine Jagd auf Schweine, 
Baͤren und Wisente (wilde Ochsen) gehalten werden. Mit Gunther, 
Hagen und großem Jagdgefolge ritt Siegfried zu Walde. Dort 
krennten sich die Jagdgesellen; vor allen gewann Siegfried das Lob, 
kein Tier entrann ihm. Dann ritt er zur Feuerstätle, dort setzten 
sich die Jäger zum Mahle; Speise brachten die Jäger genug, aber 
die Schenken säumten. Hagen gab an, er habe gemeint, das Jagen 
solle heute im Spessart sein, dorthin habe er den Wein gesandt. Doch 
hier nahe sei ein kühler Brunnen. Zu diesem beredete er mit Sieg⸗ 
fried einen Wettlauf. Sie zogen die Kleider aus, wie zwei Panther 
liefen sie durch den Klee; Siegfried, all sein Waffengerät mit sich 
tragend, erreichte den Brunnen zuerst. Wie er sich zur Quelle neigte, 
um zu trinken, faßte Hagen den Speer, den Siegfried an die Linde 
gelehnt, und stieß ihn dem Helden durch das Kreuzeszeichen, daß sein 
Blut an des Moͤrders Gewand spritzte. Siegfried springt auf, die 
Speerstange ragt ihm aus der Wunde, den Schild rafft er auf, denn 
Schwert und Bogen trug Hagen weg; so ereilt er den Mörder und 
schlägt ihn mit dem Schilde zu Boden. Aber dem Helden weicht 
Kraft und Farbe, blutend fällt er in die Blumen, die Verräter schel⸗ 
tend, die seine Treue so gelohnt, und Chriemhilden dem Bruder emp— 
fehlend, ringt er den Todeskampf. 
In der Nacht führten sie den Leichnam über den Rhein. Hagen 
hieß ihn vor Chriemhildens Kammertür legen. Als man zur Messe 
läutete, brachte der Kämmerer Licht, und sah den blutigen Toten, ohne 
ihn zu erkennen. Er meldete es Chriemhilden, die mit ihren Frauen 
zum Münster gehen wollte. Sie wußte, daß es ihr Maun sei, noch 
ehe sie ihn gesehen; zur Erde sank sie und das Blut brach ihr aus 
dem Munde. Bald erschallten Burg und Stadt von der Wehklage. 
Am andern Morgen ward der Leichnam auf einer Bahre im Münster 
aufgestellt. Da kamen Gunther und der grimme Hagen; der König 
jammerte. „Räuber,“ sagte er, „haben den Helden erschlagen.“ 
Chriemhild hieß sie zur Bahre treten, wenn sie sich unschuldig zeigen 
wollten, da blutete vor Hagen die Wunde des Toten.
	        
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