Object: Von der Zerstörung des zweiten Tempels bis zum Ende des Gaonats (Teil 2, [Schülerband])

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ganz und gar zerstört. Dazu kamen die unablässsigen Bemühungen der 
Kirchenlehrer, den inneren Verfall und die Zerseßzung des ihnen ver- 
haßten Lehrgebäudes zu beschleunigen. Schon war die Plünderung und 
Zerstörung jüdischer Bethäuser keine Seltenheit mehr, und die wieder- 
holten kaiserlichen Gesetße, die zum Schutze dieser Andachtsstätten gegeben 
wurden, beweisen am schlagendsten, wie wirkungslos jene Verordnungen 
zu sein pflegten. 
Die Kirchenväter Chrysostomus und Ambrosius. Besonderen Eifer 
gegen das Judentum betätigten Johannes Chry so stomus von Antiochien 
und Ambrosius von Mailand, welche die Kirche heilig gesprochen 
und für Säulen ihrer Lehre erklärt hat. Beide Männer waren über- 
zeugt von der Göttlichkeit ihrer Aufgabe, den Glauben, den sie für den 
allein heilbringenden ansahen, zu verbreiten und die Ketzerei zu ver: 
tilgen. Den Zorn des antiochenischen Kirchenfürsten reizte namentlich 
die in seiner Hauptgemeinde täglich zunehmende Sitte, daß edle Männer 
und Frauen unter den Christen sich zu den jüdischen Gottesdiensten 
drängten und sich freiwillig den weihevollen Gebräuchen der Juden 
unterwarfen. Ebenso unduldsam zeigte sich gleichzeitig im Westen des 
Weltreiches sein Zeit- und Amtsgenosse Ambrosius. Als er in Mai- 
land erfuhr, daß im fernen Mesopotamien ein Bischof, der eine 
Synagoge zerstört hatte, vom Kaiser Theodosius d. Gr. (379-395) 
genötigt werden sollte, diese wiederherstellen zu lassen, setzte er es 
durch, daß dieser Befehl widerrufen wurde. So trug der einseitige 
Glaubenseifer jener Zeit selbst über den geraden Sinn für staatliches 
Recht und gessellschaftliche Ordnung, der im Geist des Theodosius 
noch lebendig war, den Sieg davon. Ja dieser durch Besonnenheit 
und Gerechtigkeitsliebe ausgezeichnete Herrscher schärfte das Sklaven- 
geseß des Constantius von neuem ein und nahm den Juden das 
bisher besessene Vorrecht, von der lästigen Bürde städtischer Ämter frei 
zu bleiben. Der Haß der Mitbürger gegen die Träger jener Ehren- 
stellen und die häufig unerschwinglichen Auslagen, die von ihnen für 
den Staat zu leisten waren, bewirkten ohnehin, daß alle edlen und acht- 
baren Bürger sich der Pflicht zu entziehen suchten, derartige Posten zu 
bekleiden. Den Juden war die Verbindlichkeit zur Übernahme derselben 
von früheren Kaisern darum erlassen worden, weil das Amt sie häufig 
in die Zwangslage versette, wichtige Vorschriften ihrer Religion ver- 
leßen zu müssen. Eine solche billige Rücksicht sollten sie nach dem neuen 
Gesetz nicht mehr beanspruchen dürfen. 
Abschluß der jerusalemischen Gemara. Angesichts des wachsenden 
Druckes und der unsicheren Zeitlage empfanden die Lehrer und Führer
	        
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