Full text: [Teil 3 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 3 = Oberstufe, [Schülerband])

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Damit nun ein Teil des Kohlenstoffes weiß erglühe, muß ein 
bedeutender Teil der Kohleverbindungen der Flammengase zur Erzeugung 
der Hitze nichtleuchtend verbrennen, also nutzlos. Unsere alten Lichtquellen 
sind daher mehr Wärme- als Lichterzeuger, und daß dies wirklich der 
Fall ist, gibt sich in hell erleuchteten Räumen kund, die durch Gas-, 
Petroleum⸗ und Kerzenflammen meist überhitzt und Ursachen der Winter⸗ 
erkältungen werden. Anders ist es beim Gasglühlicht. 
Um uns das Wesen dieses Lichtes klar zu machen, kehren wir zu der 
Spirituslampe und dem Eisendraht zurück. Wir befeuchten das Ende des 
10 Drahtes ein wenig, tauchen ihn in etwas Zigarrenasche, so daß eine 
Nleinigkeit an dem Drahte hängen bleibt, und halten ihn in die Flamme. 
Dabei richten wir es so ein, daß der Draht die Flamme durchschneidet, 
das Ende mit der Asche jedoch in dem äußeren Mantel ruht. Der Draht 
beginnt zu glühen; aber wir beobachten zweierlei Glut. Dort, wo der Draht 
15 ohne Asche ist, erglüht er rot; die Asche aber sendet nach kurzer Weile ein 
helles weißes Licht aus. In ein und derselben Flamme, in ein und 
derselben Temperatur entstehen also Rotglut und Weißglut. Wir können 
den Satz so fassen: In ein und derselben Temperatur wird Eisen rot— 
glühend, Zigarrenasche aber weißglühend. Es müssen daher in der Asche 
Bestandteile sein, die in derselben Hitze ein anderes Lichtausstrahlungs⸗ 
vermögen besitzen als das Eisen. Um diese Bestandteile kennen zu lernen, 
bedürfen wir des Chemikers, der die Asche nach den Regeln seiner Kunst 
zu zerlegen und die getrennten Stoffe auf ihr Verhalten in der Glut zu 
prüfen hat. Der Chemiker sagt uns, daß ein ähnliches Weißglühen erzielt 
wird, wenn wir ein wenig Kreide auf den Draht bringen oder etwas 
Magnesia, noch besser, wenn wir gewisse Erden nehmen, die den meisten 
Menschen kaum dem Namen nach bekannt sind. Das macht auch nichts; 
denn es sind kaum fünfundzwanzig Jahre her, als diese Erden noch zu den 
größten Seltenheiten zählten. Sie aber sind es, die uns das Gasglüh— 
30 licht spenden, sie sind das Wesentlichste des Gasstrumpfes 
Den Glühstrumpf erfand Auer. So einfach die weiße, kleine Haube 
auch aussieht, so hat dennoch ihre Herstellung lange, e»e— 
gekostet. Wenn es auch weniger schwer fiel, die beste Form und Art des 
Gewebes herauszufinden, war es doch um so schwieriger, die besten Erden 
35 herbeizuschaffen, denen der Name der „seltenen“ nicht ohne Grund gegeben 
war. Daͤs Gewebe des Glühstrumpfes wird mit Auflösungen jener Erden 
getränkt und dann getrocknet. Nun sind die Erden fein verteilt in der 
Flamme, und der Kohlenstoff ist durch die Leuchterden ersetzt. 
Im Anfang war die Gasflamme zur Erzeugung des Auerlichtes not— 
10 wendig; gar bald aber ging das Bestreben dahin, Spiritus— und auch 
Petroleumlampen zu bauen, die eine farblose Flamme von hinreichender 
Hitze geben, den Glühstrumpf in Weißglut zu versetzen, und wir haben 
heute Spiritus- und Petroleumglühlampen, die Vorzügliches leisten. 
Daheim, Jahrgang 1898. (Gekürzt.) 
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