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nicht mit Entzücken auf das stille Nonnenwerth mit seinem Kloster
hinab, auf das gegenüberliegende Rolandseck mit dem grauen Bo⸗
gen der Rolandsburg, auf Honnef, das rheinische Nizza, auf Rema⸗
gen mit den ragenden Kirchen!
Und wer sich genugsam in den Anblick des Berglandes ver—
senkt hat, der braucht nur gegen Norden zu schauen, und er sieht
abwärts in der Ebene Bonn mit seinem Gartenkranze am Ufer des
Stromes; oder er gewahrt weiterhin Cöln mit dem weiten Bereiche
seiner Vororte; der Dom steht klein, blaß und unscheinbar inmitten
der unabsehbaren Ebene, in der hier und da der Spiegel des Stro⸗
mes glänzt. Sogar die Ruine mit dem einsamen Bergfried droben
auf dem Gipfel des Drachenfels hat ihren Reiz; sie weckt die Er⸗
innerung an Sagen der Vorzeit und Geschehnisse des Mittelalters.
Aber auch die Geschichte der Erde hat große Spuren hier in dieser
Landschaft zurückgelassen. Jenseits des Rheines blicken wir auf die
Kraterfenkung im Gipfel des Rodderberges, dessen rasenbedeckter
Aschen- und Schlackenwall zwischen Mehlem und Rolandseck aus
dem Teppich buntscheckiger Ackerfelder emporwächst. So haben denn
auch auf dieser Stätte die Erdkräfte einst ihre Macht gezeigt, und
dem kundigen Auge begegnen im Landschaftsbilde noch manche Gip⸗—
fel, die erloschene Feuerberge sind. Selbst alle die Höhen in unse—
rer Nähe, die dem Siebengebirge angehören, verdanken ihre Ent⸗
stehung dem Hervorbrechen glutflüssiger Gesteinsmassen.
Äber nicht nur die Natur fesselt hier oben auf dem Berge, auch
dem bunten Treiben der Menschen schaut man gerne zu. Da kommen
Lehrer mit ihren Schülern, fröhliche Gesellschaften, Familien mit Kind
und Kegel, Holländer in Menge, Belgier und Franzosen, Engländer
mit dem „Bädeker“ und vor allem Studenten in hellen Scharen,
deren Saug und Jubel weithin schallt. Schön ist auch der Berg,
wenn der Schwarm sich verzogen hat und die Nacht hereinbricht,
die Lichter drunten in den Ortschaften des Tales aufleuchten und
der Moͤnd seine stille Bahn am Himmel zieht. Dann hört man
in der Stille das Rauschen des Rheines aus der Tiefe, und es ist,
als ob er uns die alten Sagen erzählen wollte, die sich an seine
Ufer knüpfen.
Außer dem Drachenfels gibt's noch viele andere prächtige
Punkte im Gebirge. Da liegt landeinwärts in der Nähe von
Dollendorf Heisterbach mit seiner Klosterruine, umrahmt von stillen
Buchenwäldern. Wuchtig steigen aus diesem Tale die Waldgehänge
des Petersberges an, der auf seinem breiten Gipfel neben einem
Kirchlein ein vielbesuchtes Gasthaus trägt. Tiefer im Gebirge, auf
dem hohen Sattel zwischen dem Olberg und der Löwenburg, liegen