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84. Ein Gläschen Schnaps.
Dennoch antworteté der Fubrmann in einem vertraulichen Tone, der
miceh überraschte. „War das etwa einer Eurer Freunde?“ fragte ich nach
einer Weile. ‚Der Mann da? Der ist mein Lehrmeister und Wobhltäter
gewesen,“ entgegnete er. Ieh blickte ihn an wie einer, der nicht recht
gehört hat. „Das scheint Euch zu wundern,“ nahm der Puhrmann
schnell wieder das Wort, „und doch ist es buchstäblich wahr. Der Un-
glückliche weibß indes nichts davon. Er heißt Johann Schaller und ist
mein Jugendgespiele gewesen. Unsre Eltern wohnten nebeneinander,
und wir wurden zu gleicher Zeit konfirmiert. Johann war jedoch schon
damals ein ausgelassener Mensch und wurde es nachher nur noch mehr.
Ieh zog mich von ihm zurück; zufällig aber führte uns die Arbeit bei
ein und demselben Meister wieder zusammen. Schon am ersten Morgen
kehrte Johann, ehe er zu seinem Tagewerke ging, mit andern Arbeitern
in einem Schnapsladen ein; ein Sehluck Branntwein sollte sein Vor-
frühstück sein. Ieh blieb vor der Tür stehen, da ich nicht gleich
wubte, was ich tun sollte; bald jedoch riefen mich alle hinein. , Man
sollte glauben, du wärest bange, dab wir dich zugrunde richten wollten!“
rief Johann mir spöttisch zu. ‚Mit einem ersparten Groschen denkst
du wohl ein Millionär zu werden!“ Alle lachten, und aus Verdrub
darũüber schlob ieh mich den Trinkern an. Als ich aber in die Werk-
stätte und zur Arbeit kam, sann ich über Johanns Worte weiter nach.
Der Preis des Morgenschlucks beträgt freilich nicht viel, dachte ich,
aber täglich wiederholt, macht's jährlich 36.MA, wobei noch jeder Monat
zu dreihig Tagen angenommen wird. Iceh berechnete, was ich mir für
diese Summe alles anschaffen könne. Vür 36 A, sagte ich zu mir selbst,
kann auf dem Lande die Miete einer Kammer, sogar die eines kleinen
Hãuschens bestritten werden. Wer einen Haushalt hat, kann sich da—
für das Winterhol- oder auch ein paar gute Ziegen kaufen, und das
Schulgeld für das Büblein fällt vielleicht auch noch ab. Auch bezablt
mancher, der sich und seine Pamilie redlich ernährt, vom gemieteten
Lande nicht mehr als 36.M Pacht. Und benutze ich sie als Zinsen
einer Summe, die mir ein guter Mann auf mein ehrliches Gesicht wohl
schon einmal leihen wird, so kann ich gar ein Pferd und einen Karren
kaufen, auf meine eigene Paust Geld verdienen, mich häuslich niedler—
lassen — und habe für meine Gesundheit keinen Schaden davon. Viel-
leicht kKann ich dann sogar noch arme Notleidende unterstützen und mir
auf meine alten Tage einen Notpfennig zurücklegen. Diese Rechnung
und Uberlegung ist mein Glück gewesen. Ich achtete nicht weiter auf die