187. Der Kaffee.
253
so niedriger Stufe stehen, daß man, obwohl man ein vorzügliches Insekten⸗
pulver erfunden hat, doch nimmer des Ungeziefers Herr wird, hat denn auch der
Kaffeebaum, der soeben seinen Siegeszug über die Erde angetreten hatte, lange
Zeit nicht forkkommen können. Jahrhunderte vergingen, bis er sich auch das
benachbarte Arabien erobern konnte. Hier und zwar in der Südwestecke der
Halbinsel, in dem Lande Yemen oder dem „glücklichen Arabien“, fand der
Kaffeebaum eine zweite Heimat, in der es ihm so wohl gefiel, daß der Kaffee
von Mokka noch heute als der beste gilt. Das Gebot Mohammeds an seine
Gläubigen, keinen Wein zu trinken, ist der Verbreitung des Kaffees ohne Zweifel
förderlich gewesen; ohne ein anregendes Getränk scheint der Mensch eben nicht
leben zu können. Als sich die gläubigen Christen Europas dreißig Jahre lang
ununterbrochen die Köpfe einschlugen, saß man in Konstantinopel in den Kaffee—
häusern und politisierte auf unschuldige Weise so oder so. Endlich war man
auch bei den Christen des langen Haders müde, es gab in Deuschland auch fast
niemand mehr, der totgeschlagen werden konnte. Da erwachte denn allmählich
der Sinn für Genüsse anderer Art, nur durften dieselben nicht zu kostspielig sein.
Die reichen Engländer, deren Schiffe ja alle Meere befuhren, waren in
Nordwest-Europa die ersten, welche den Kaffee probierten und vorzüglich fanden.
Die Franzosen folgten dem Beispiele der Engländer und tranken gleichfalls
Kaffee. Das war um das Jahr 1670. Noch war Arabien die einzige Bezugs—
quelle für den Kaffee, von dem das Pfund nach unserem Gelde gegen 120 .sA fostete.
Um dieselbe Zeit, wo man in Deutschland noch Eichel- und Roggen—
kaffee kochte, wenn man Roggen und Eicheln im Überfluß hatte, säeten die
wenigen Holländer auf Java schon Kaffeekerne aus, und kaum war das 18. Jahr⸗
hundert aus den Schuljahren getreten, da trank der Holländer schon seinen
eigenen Kaffee. Doch auch der Deutsche kann jetzt, freilich 200 Jahre später,
den Kaffee der eigenen Kolonien trinken. Von Java brachte man zahlreiche
junge Kaffeebäumchen nach Amsterdam, wo sie im Gewächshause so vorzüglich
gediehen, daß die Holländer Ludwig XIV. ein Kaffeebäumchen verehren konnten.
Auch in Paris gelang es, den Fremdling die Heimat vergessen zu machen, und
von Paris aus brachte der Schiffskapitän Delieur den Kaffeebaum zuerst nach
Amerika und zwar nach der westindischen Insel Martinique. Jetzt dauerte es
nicht lange, so hatte sich der Kaffeebaum die ganze heiße Zone erobert. Aus
dieser darf er freilich nicht heraustreten; denn wo die mittlere Jahrestemperatur
unter 1200 liegt, da findet er sein Fortkommen nicht mehr.
Jedermann kennt die vorzüglichen Wirkungen des Kaffees und weiß aus
eigener Erfahrung, wie der braune, warme Trank zur Arbeit ermuntert und
uns nach derselben so angenehm erquickt. Was uns den Kaffee so wert macht,