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192. Soda und Seife.
aber nicht gewesen sein; denn ein gebildeter Römer badete sich damals jeden
Tag, um sich dann später mit wohlriechenden Olen oder Salben wieder ein—
reiben zu lassen. Fett besitzt aber, vorausgesetzt, daß es bald wieder von der
Haut abgewaschen wird, eine reinigende Eigenschaft, und gerade aus Fett und
Holzasche ist die erste Seife entstanden. Zuerst nahm man Ziegenfett, dann
Rindstalg; heutzutage gebraucht man beides zu anderen Dingen und verwendet
Palmöl, Rüböl, Pferdefett, Kokosöl, Schmalz, Baumöl, Tran, kurz alle
möglichen Fette und Ole, die in den Handel kommen. Afrika besonders hat
einen großen Anteil an allen Pflanzenölen, die zur Bereitung von Seifen
verwertet werden, und unsere Kolonien liefern besonders Kokosöl, Palm—
kern⸗, Sesam- und Baumwollsamenöl. —
In früheren Zeiten kochte jede Hausfrau ihren Bedarf an Seife
selbst, wozu sie alle Fettreste ihres Hausstandes verwandte, dieselben eine
lange Zeit kochen ließ und dann mit Holzasche oder Lauge klärte. So kochten
die Ritterdamen auf den Burgen, die Kaufmannsfrauen in den Städten ihre
Seifen, und selbst Fürstinnen verschmähten es nicht, vor dem offenen Feuer
zu stehen und mit dem Holzlöffel den Brei umzurühren, den sie zum Rein⸗
machen fast eben so nötig hatten wie wir. Allerdings hatten sie nicht so
große Wäschen, wie sie heutzutage zum Schrecken der Hausfrauen vorkommen;
denn so viele Servietten, Fenstervorhänge, Manschetthemden, Stehkragen
und gestärkte Kinderkleider gab's vor einigen hundert Jahren noch nicht;
selbst die Betttücher, deren wir doch nicht zu entraten vermöchten, sind eine
neuere Mode. Aber Zinn- und Holzteller, -becher und -löffel mußten blitz⸗
blank gehalten werden wie die weißen Fußböden und Holztreppen. Da tat
denn die gekochte Seife, ob sie gleich eine gelbbraune Farbe hatte und gar
nicht appetitlich aussah, gute Dienste, ward auch für die schmutzigen Men⸗
schengesichter und ⸗hände verwendet; denn sie war milde und fetthaltig, besser
als heutzutage manches Stück schöngefärbter Seife. Erst in unserem Jahr⸗
hundert begann die eigentliche kunstgerechte Bereitung schöner Seifen. Fabriken
entstanden, welche nach den neuesten chemischen Erfindungen die Ole und
Fette mit Soda so reinigten, daß die Seifenmasse schneeweiß ward. Der—
selben dann später eine beliebige Farbe zu geben, ist für den geschickten
Seifensieder eben solche Kleinigkeit, wie der Seife einen besonderen Wohl⸗
geruch zu verleihen, und wenn wir uns Veilchen-, Rosen-, Mandel- oder
Honigseife kaufen, so ist die Zusammensetzung der Seife immer dieselbe, und
nur Geruch und Farbe sind verschieden. — Zu einer Seifenfabrik gehört
heutzutage nicht nur ein Fettkessel, wie ihn ehemals jede Hausfrau besaß,
sondern Dampfmaschinen, Zentrifugen, ungeheure Kessel und vor allem ein