Full text: [Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband])

13. Die Posaune des Gerichts. 
Vieren wie eine Katze weiter bis an die Stelle, wo die Mauer ans Haus 
stieß, und schwang sich dann in ein Fenster des Hauses hinein, das gerade 
offen stand. — 
Der Mann hatte recht böse Dinge im Sinne; denn er war ein Dieb 
und gedachte, die Leute, die im Hause wohnten, zu bestehlen. 
Nachdem er durch das Fenster gekrochen war, befand er sich in einer 
leeren Kammer. Dicht daneben war die Wohnstube; eine Tür, die dort 
hineinführte, war nicht verschlossen, sondern nur leicht angelehnt. 
Der Dieb wußte wohl, daß die Leute auf den Jahrmarkt gegangen 
waren; doch dachte er, es könne vielleicht zufällig jemand in die Stube ge⸗ 
kommen sein. Er legte daher das Ohr an die Türspalte und horchte. 
Drinnen hörte er ein Kind laut sprechen, und wie er durchs Schlüssel⸗ 
loch guckte, sah er im Dämmerscheine, daß es ganz allein mit gefalteten 
Händen in seinem Bettchen saß. — Das Kind betete laut sein Vaterunser. — 
Schon sann der Mann darüber nach, wie er seinen Diebstahl am besten 
ausführen möchte, da hörte er, wie das Kleine mit klarer Stimme eben die 
Worte betete: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse 
uns von dem Übel!“ 
Das ging dem Manne tief zu Herzen, und sein Gewissen erwachte. 
Er fühlte, wie schwer die Sünde sei, die er hatte begehen wollen. Da 
falteten sich auch seine Hände, und auch er betete inbrünstig für sich: 
„Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel!“ Und 
der liebe Gott erhörte ihn. 
Auf demselben Wege, den er gekommen war, schlich er wieder zurück 
bis in sein Kämmerlein. Dort bereute er von ganzem Herzen sein bisheriges 
Leben, bat Gott um Verzeihung und dankte ihm für den Schutz, den er 
ihm durch den Mund eines frommen Kindes hatte angedeihen lassen. 
Er ist darauf ein arbeitsamer und ordentlicher Mensch geworden. 
Robert Reinick. 
Emneeq— 
Gerde dort, wo die Gemarkungen zweier Dörfer sich scheiden, mitten im 
Walde, ward in einer Frühlingsnacht zur Zeit des Vollmondes eine schreckliche 
Tat vollbracht. Ein Mann kniete auf einem andern, der leblos dalag. Eine 
Wolke verhüllte das Antlitz des Mondes; die Nachtigall hielt inne mit ihrem 
schmetternden Gesange, als der Knieende den Dahingestreckten aussuchte und alles, 
was er fand, zu sich steckte. Jetzt nahm er ihn auf die Schulter und wollte ihn 
hinabtragen in den Strom, der fernher rauschte, um ihn dort zu versenken.
	        
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