Full text: [Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband])

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plätzen Heu aus, lässt auch wohl Espenbäume fällen, deren Knospen 
und dünne Zweige von den Tieren abgenagt werden. 
2. Stattlicher noch und stolzer als das Reh ist sein naher Ver¬ 
wandter, der Hirsch. Ein prächtiges, vielzackiges Geweih krönt die 
5 Stirne des Hirschbockes. Er kann sehr schnell laufen, darum sagt 
man: Schnell wie ein Hirsch. Ungeheure Sprünge führt er mit 
Leichtigkeit wie zum Spiele aus, und im Notfälle durchschwimmt er 
kühn breite Ströme. Der Hirschbock besteht mit seinesgleichen heftige 
Kämpfe, und hat er gesiegt, so wirft er sein Geweih stolz zurück und 
10 stösst einen weit hallenden Siegesschrei aus. So mächtig und kraft¬ 
voll der alte Hirsch erscheint, so hübsch und niedlich ist das Hirsch¬ 
kälbchen. Oft schon hat ein Förster im Walde sich eins gezähmt 
und ihm ein rotes Halsband mit einer Schelle umgebunden. Pfeift 
er auf seinem Finger, so springt flugs mit ein paar leichten Sätzen 
15 das zutrauliche Tier heran. Sanft und friedlich schaut es mit seinen 
glänzenden Augen den Förster an und nimmt Hafer und Salz aus 
seiner Hand. Oft begleitet es ihn auf seinen Waldgängen. 
Nach Wagner u. Brehm. 
209. Der Maulwurf. 
20 1. Unter allen Tieren, die ihre Jungen säugen, ist der Maulwurf das 
einzige, das seiner Nahrung allein in dunkeln Gängen unter der Erde 
nachgeht. Und an dem einen ist's zu viel, wird mancher sagen, der an 
seine Felder und Wiesen denkt, wie sie mit Maulwurfshügeln bedeckt 
sind, wie der Boden zerwühlt und durchlöchert mird, wie die Gewächse 
25 oben absterben, wenn das heimtückische Tier unten an der Wurzel weidet. 
2. Nun, so wollen wir denn Gericht halten über den Missethäter. 
Wahr ist es und nicht zu leugnen, daß er durch seine unterirdischen Gänge 
hin und wieder den Boden durchwühlt und ihm etwas von seiner Festigkeit 
raubt. Wahr ist es ferner, daß durch die herausgestoßenen Grund- 
30 Haufen viel fruchtbares Land bedeckt und die darunter liegenden Keime 
im Wachstum gehindert, ja erstickt werden können. Dafür ist jedoch in 
einer fleißigen Hand der Rechen gut. 
3. Aber wer hat's gesehen, daß der Maulwurf die Wurzeln abfrißt, 
wer kann's behaupten? Nun, man sagt so: Wo die Wurzeln abgenagt 
35 sind und die Pflanzen sterben, wird man auch Maulwürfe finden, und 
wo keine Maulwürfe sind, geschieht das auch nicht. Folglich thut's 
der Maulwurf. — Der das sagt, ist vermutlich der nämliche, der ein¬ 
mal so behauptet hat: Wenn im Frühling die Frösche zeitig quaken, so 
schlägt auch das Laub beizeiten aus. Wenn aber die Frösche lange nicht 
40 quaken wollen, so will auch das Laub nicht kommen. Folglich quaken 
die Frösche das Laub heraus. — Seht doch, wie man sich irren kann! 
4. Aber da kommt ein Advokat des Maulwurfs, ein erfahrener 
Landwirt und Naturbeobachter, der sagt so: Nicht der Maulwurf frißt 
die Wurzeln ab, sondern die Engerlinge, die unter der Erde sind, 
45 aus denen hernach die Maikäfer und andres Ungeziefer kommen. Der 
Maulwurf aber frißt die Engerlinge und reinigt den Boden von diesen
	        
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