Full text: [Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband])

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Feinden. Jetzt wird es also begreiflich, daß der Maulwurf immer da 
ist, wo das Gras und die Pflanzen krank sind und absterben, weil die 
Engerlinge da sind, denen er nachgeht, und die er verfolgt. Und dann 
muß er's gethan haben, was diese anstellen, und bekommt für eine 
Wohlthat, die er euch erweisen will, des Henkers Dank. 
5. Das hat wieder einer, der noch keinen Maulwurf gesehen hat, in 
der Stube erfunden oder aus Büchern gelernt, werdet ihr sagen. — 
Halt, guter Freund! Der das sagt, kennt den Maulwurf besser als ihr 
alle und eure besten Maulwurfsfänger, wie ihr sogleich sehen werdet. 
Ihr könnt zweierlei Proben anstellen, ob er die Wahrheit sagt. Erstlich, 
wenn ihr dem Maulwurf in den Mund schaut. Denn alle Säugetiere, 
die die Natur zum Nagen am Pflanzenwerke bestellt hat, haben in 
jeder Kinnlade, oben und unten, nur zwei einzige und zwar scharfe 
Vorderzähne und gar keine Eckzähne, sondern eine Lücke bis zu den 
Backenzähnen. Alle Raubtiere aber, die andre Tiere sangen und 
fressen, haben sechs oder mehr spitzige Vorderzähne, dann Eckzähne auf 
beiden Seiten und hinter diesen zahlreiche Backenzähne. Wenn ihr nun 
das Gebiß eines Maulwurfs betrachtet, so werdet ihr finden: er hat 
in der obern Kinnlade sechs und in der untern acht spitzige Vorder¬ 
zähne und hinter denselben Eckzähne auf allen vier Seiten, und daraus 
folgt: er ist kein Tier, das an Pflanzen nagt, sondern ein kleines Raub¬ 
tier, das andre Tiere frißt. Das merkt ihr auch zweitens, wenn ihr 
einem getöteten Maulwurf den Bauch aufschneidet und in den Magen 
schaut. Denn was er frißt, muß er im Magen haben, und was er im 
Magen hat, muß er gefressen haben. Nun werdet ihr, wenn ihr die 
Probe machen wollt, nie Wurzelfasern oder so etwas in dem Magen 
des Maulwurfs finden, aber immer die Häute von Engerlingen, Regen¬ 
würmern und anderm Ungeziefer, das unter der Erde lebt. 
6. Wie fieht's jetzt aus? Wenn ihr also den Maulwurf recht fleißig 
verfolgt und mit Stumpf und Stiel vertilgen wollt, so thut ihr euch selbst 
den größten Schaden und den Engerlingen den größten Gefallen. Da 
können sie alsdann ohne Gefahr eure Wiesen und Felder verwüsten, 
wachsen und gedeihen, und im Frühjahr kommt alsdann der Maikäfer, 
frißt euch die Bäume kahl wie Besenreiser und bringt euch zur Vergeltung 
des Kuckucks Dank und Lohn. So fieht's aus. Joh. Pei. Hebel. 
210. Der Fuchs. 
1. Der Regen verzieht, der Wald schüttelt die lauen Tropfen aus dem 
Haupte, und von der Heide steigt's erfrischend und würzig in die Abendluft. 
Die Mücken beginnen ihre Tänze, Fink und Lerche schmettern um die Wette, 
der Hase macht lustige Sprünge, und auch der Fuchs verspürt ein heimliches 
Rühren. Dort lauscht er zwischen den Wurzeln einer alten Eiche; alles ist 
sicher. Mit einem Satz ist Reineke vor der Thür. Jetzt könnt ihr ihn 
deutlich sehen. Wie er dasteht! 
Das scharf gespitzte Ohr ist gemacht, die auf den Bäumen schlummernde 
Beute zu erspüren; das leiseste Geräusch, das Zittern eines Blattes, das Zucken 
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