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angefeindet. Kein Mittel scheuten sie, weder Tücke noch Hinterlist,
weder den boshaften Witz der Komödie, noch die Anklage vor Ge-
richt; manchem war selbst das Einverständnis mit dem Landesfeinde
nicht fremd. Und auch jetzt haben sie sich znsammengethan unter
dem volltönenden Namen der Partei des Friedens zum einheitlichen
Angriff auf den gemeinsamen Gegner. Ihre Redner suchen mit
großem Geschick die Bürger, vornehmlich die untern Klassen, die
vom Erwerb des Tages abhängen, zu gewinnen durch die verlocken-
den Bilder, welche sie an die Fortdauer des Friedens knüpfen. Sie
verschmähen es nicht, die Schrecknisse des Kriegs auszumalen, welcher
die Entfaltung der bürgerlichen Kräfte lähmen, welcher Handel und
Gewerbe hemmen, welcher Kunst und Wissenschaft ertöten wird.
Aber auch sie wagen es nicht, den Antrag der Peloponnesier in
seinem vollen Umfange zur Annahme zu empfehlen. Wohl aber
raten sie Nachgiebigkeit an einer anderen Stelle an, um so eine
Grundlage für neue, aussichtsvollere Verhandlungen zu gewinnen.
Sie greifen demnächst zurück auf ein ehedem erhobenes aber von
Athen abgewiesenes Verlangen der Spartaner. Und es stellen diese
Redner, wie es ihnen gesetzlich zustand, einen Gegenantrag: die
Handelssperre, welche Athen über das benachbarte Megara aus recht-
licheu Gründen verhängt hatte, aufzuheben.
In buntem Wechsel mit ihnen aber redeten Andersgesinnte.
Es wiesen diese darauf hin, wie jeder Athener in dem Antrage der
Spartaner den Schlag empfinden müsse, der sich vernichtend gegen
die Grundlage der attischen Macht richtete; wie jeder es mit tiefer
Empörung als eine Schmach empfinden müsse, aufgefordert zu
werden, dem eignen Verderben die Hand zu bieten. Jenen Antrag
annehmen hieße nichts anderes, als all die glänzenden Erfolge der
Edelsten und Besten zertrümmern, als die glorreiche Vergangenheit
insgesamt verleugnen; es wäre nichts anderes als die Verzicht-
leistung auf die hohe Kulturaufgabe, zu welcher die Athener sich be-
rufen fühlten, nämlich alles, was sie in ihrem Schöße an edler
Bildung gefördert, unter dem Schutze freier Selbstbestimmung zu
pflegen, zu verbreiten, der gesamten Welt zu übermitteln. Der
Kampf um ihre höheren Güter, um das Dasein selbst, sei ihnen
aufgedrängt.
So sprachen sie für und wider.
Und mochten auch viele der Versammelten bei sich schon ent-
schieden haben, sie alle lauschten begierig und unverwandt den
Worten der Redner, welche bald ernst und gemessen, bald bewegt
und leidenschaftlich auf sie einstürmten, welche hier hohe geistige