Full text: Grundriß der Geschichte

94 Zweiter Abschnitt. Geschichte des Mittelalters. 
die feindlichen Nachbarn von den Herzögen unabhängige Markgrafen 
ein. Über die andern, aus der karolingischen Monarchie hervorgegau- 
genen Reiche hat er, gemäß der Idee des römischen Kaisertums, eine 
Art Oberhoheit behauptet. In der Basilika Karls d. Gr. zu 
Aachen wurde er von dem Erzbischof von Mainz dem versammelten 
Volke feierlich zur Wahl vorgestellt, begrüßt vom Jubel desselben, dann 
mit dem Schwerte, dem Mantel, mit Seepter und Stab unter Segens- 
und Mahnworten bekleidet, hierauf gesalbt, mit dem Diadem gekrönt 
und zum erhöhten Throne geführt. Die Krönungsfeier wurde 
durch ein Meßopfer und in der nahe liegenden Pfalz durch ein fest- 
liches Königsmahl beschlossen; bei derselben wurden die Erzämter, 
nämlich das Amt des Kämmerers, des Truchseß, des Mundschenken und 
des Marschalls von den Herzögen verwaltet. 
Die alte Feindschaft zwischen Sachsen und Franken veranlaßte 
einen Landfriedensbruch Herzog Eberhards von Franken, den 
Otto streng bestrafte; mit ihm machte des Königs Halbbruder Thank- 
mar, der sich zurückgesetzt fühlte, gemeinschaftliche Sache gegen den 
König. Nachdem Thankmar am Altare der Kirche zu Stadtberg a. 
d. Diemel von des Königs Mannen gefällt worden war, ließ sich der 
heißblütige Heinrich, Ottos jüngerer Bruder, von Eberhard, von dem 
Herzog Giselbert von Lothringen, des Königs Schwager, und 
vom Erzbischof von Mainz zu einer Verschwörung verlocken, 
die den Thron ihm gewinnen wollte. Die Treulosigkeit vieler seiner 
Krieger brachte Otto im Kampfe gegen die Verschwörer in schwere 
Bedrängnis, aber seine Sündhaftigkeit siegte. Bei einem Beutezuge 
am Rhein fielen durch Überfall die beiden Hauptgegner, Eberhard 
und Giselbert; der flüchtige Heinrich wurde wieder zu Gnaden ange- 
nommen. Trotzdem ließ derselbe sich mit sächsischen Großen abermals 
in eine Verschwörung sogar gegen das Leben des Königs ein und 
wurde in strenge Hast gebracht. Großmütig verzieh Otto in der hei- 
ligen Weihnacht zu Frankfurt a. Main auch diesmal dem feind- 
lichen Bruder, der sich ihm reuig zu Füßen warf, verlieh ihm auf die 
Bitte seiner ehrwürdigen Mutter Mathilde das Herzogtum Bayern 
und gewann sich in ihm dadurch einen der trenesten Untergebenen. 
Zum Schutz der nördlichen und östlichen Grenzen und zur Aus- 
breitung deutscher Art und Kultur fetzte Otto I. den tapfern Her- 
mann Billung und den fanatifch-gewaltfamen Heidenbekehrer und 
Wendenbesieger Gero zu Markgrafen ein, jenen in die sächsische Nord- 
mark (später Altmark), diesen zwischen Saale und Elbe, in die 
thüringische Mark und die Mark Meißen. Heinrich von Bayern 
dehnte des Reiches Macht in der bayerischen Ostmark (das spätere 
Österreich), in der steierischen und kärntnischen Mark bis zur Theiß 
aus. Hier waren die Bistümer Regensburg und Passau für 
die Mission thätig, im wendischen Grenzlande die Bistümer Olden- 
bürg, Havelberg, Brandenburg, Merseburg, Zeiz und
	        
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