Full text: [Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband])

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164. König Friedrich Wilhelm IIl. und die Königin Luise 
in ihrem häuslichen Leben. 
De König und seine Gemahlin liebten ein einfaches Leben in der 
schönen freien Natur. Sie verbrachten darum nur einen kleinen 
Teil des Jahres in Berlin, sonst wohnten sie in Potsdäm, Charlotten— 
burg oder Paretz. Das Gut Paretz, zwei Meilen von Potsdam entfernt, 
war ihnen besonders lieb. Der König hatte es schon als Kronprinz 
gekauft und hier, mitten in den Havelwiesen, sich ein Herrenhaus 
erbauen lassen, schlicht und einfach, „wie es für einen armen Gutsherrn 
paßt,“ hatte er zum Baumeister gesagt; ringsum wurde ein schöner 
Park gepflanzt. So oft er konnte, flüchtete er auch als König aus dem 
lärmenden Berlin in das stille, schöne Fleckchen Erde und erholte sich 
dort im Kreise seiner Familie und einiger weniger Vertrauter bei Jagd 
und Wasserfahrten. 
Zumal das Erntefest feierte das Königspaar gern mit den Guts— 
leuten. Die zogen mit ihrer Dorfmusik durchs Dorf und brachten die 
Erntekrone zum Schlosse. Hier trat dann, wenn sie im Hofe ankamen, 
der König heraus unter die Tür und hörte die Ansprache an, die an 
ihn, als den Gutsherrn von Paretz gehalten wurde. Nun winkte er 
denen, die die Krone trugen, näher zu treten, sie ins Haus zu bringen 
und der Königin zu überreichen. War das geschehen, so begann auf 
dem Hofe der Tanz, erst nach der Musik der Dorfbläser, dann nach 
der etwas bessern einer Regimentskapelle. Mitten unter den tanzenden 
Knechten und Mägden sah man den König und die Königin und ihr 
Gefolge sich auch im Reigen drehen. Später sah man die Königin 
nach der Wiese gehen, auf der die Buden, wie bei einem Jahrmarkts— 
oder Schützenfeste, aufgeschlagen waren. Sie trat zu denen, welche 
Kuchen und Backwerk feilhielten, und kaufte ihnen ihre Waren in 
ganzen Körben ab. Mit ihrem Lächeln, so huldvoll und gütig, wandte 
sie sich an die Umstehenden und lud sie ein, aus ihren Körben zuzu— 
langen, sich's schmecken zu lassen und fürlieb zu nehmen, sie gebe, so 
gut sie's habe. „Frau Königin, Frau Königin, mir auch was!“ schrien 
dann die Buben um sie her. Mit denen ging sie zur Lotto- oder 
zur Würfelbude, kaufte ihnen eine Karte oder einen Wurf und freute 
sich mit denen, die gewannen. So einfach und herzlich stand sie unter 
den Leuten. 
Aber im Kreise ihrer Kinder war es den königlichen Eltern doch 
am wohlsten. Wir haben noch Bilder aus jener Zeit, welche die 
königliche Familie darstellen. Da sitzt die Königin am Fenster, ihre 
älteste Tochter, Prinzeß Charlotte, schmiegt sich an ihre Knie, Mutter
	        
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