Full text: (Für das 5. und 6. Schuljahr) (Abteilung 1)

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179. Der gute Knecht. 
Der Gutsbesitzer Vormann hatte einen braven Knecht, und daß der— 
selbe brav war, erfuhr er zuerst durch eine kleine Dhatsache, an die sich 
später viele andere anreihten. Der Knecht hatte nichts davon gewußt, 
daß ein Auge ihn sah, als er sich brav benahm, und das sind die besten 
Thaten, die so geschehen. Sie werden nur selten äußerlich belohnt; aber 
sie haben doch einen guten Zahlmeister, der immer bare Münze hat, und 
das ist in seinem Herzen der Herr Geheimrat, und wer den bei sich richtig 
angestellt weiß, dem kann es einerlei sein, wie er selbst und wie andere 
in der Welt betitelt werden. 
Es war ein heißer Mittag, als der Knecht Konrad mit seinen Pferden 
vom Ackern heimgekommen war. Die beiden Pferde wurden gefüttert und 
abgeschirrt; denn jeder, der es wissen will, weiß, daß auch ein Tier nicht 
zur rechten Ruhe kommt, so lange es das Geschirr mit auf dem Leibe hat; 
aber manche wollen es nicht wissen, um sich die Mühe des Ab- und Auf— 
schirrens zu ersparen. Das that aber Vormanns Knecht nicht, und es 
kann wohl sein, daß ihm selber darum auch das Essen drin am Gesinde— 
tische um so besser schmeckte. 
Der Streit ist noch unentschieden, welche Pfeife am besten schmeckt, 
bb die nach der Morgensuppe, die nach dem Mittagsessen oder die am 
Feierabend. Unser Konrad liebte sie alle gleich. Es war ein eigenes 
Behagen, mit dem sich Konrad nach dem Mittagsessen auf den Stein an 
der Stallthür setzte, mit einem Strohhalme seinem Pfeifenrohre Luft 
machte, den Wassersack ebenfalls säuberte, während er einstweilen den 
runden Pfeifenkopf auf den Sims des kleinen Stallfensters gelegt hatte. 
Als er jetzt nach dem Pfeifenkopfe griff, rollte er hinunter und ganz un— 
versehrt hinein in den Stall, auf einen Strohbüschel. Schon wollte 
Lonrad herabsteigen und durch die re in den Stall gehen, um den 
Pfeifenkopf zu holen; aber plötzlich hielt er wieder inne; er sah, daß die 
Pferde sich niedergelegt hatten, und er wußte, daß sie alsbald aus der 
ihnen so nötigen Ruhe aufspringen würden, wenn er in den Stall träte. 
Er setzte sich daher wieder ruhig nieder und hielt das Rohr mit dem 
Wassersacke rauchlos im Munde. 
Der Landwirt Vormann, der das alles aus seinem Fenster mit an— 
gesehen hatte, trat jetzt auf Konrad zu und fragte ihn: ‚Warum rauchst 
du nicht? Hast du deine Pfeife zerbrochen?“ — ‚Nein, sie ist nur da 
hineingerutscht,“ antwortete der Knecht; „aber ich will die Gäule nicht 
aufwecken, will lieber warten, bis es wieder ins Feld geht.“ 
„Du bist ein braver Knecht,“ sagte Vormann und reichte ihm die 
eigene, silberbeschlagene Pfeife aus dem Munde. „Da, nimm und behalte 
das zum Danke dafür! Es wird dir gut gehen. Denn wer die Lebens— 
stunde eines Tieres schont, der ist auch rechtschaffen gegen Menschen. 
Wir bleiben hoffentlich lebenslang bei einander.“ — Und so geschah 
es auch. Auerbach. 
180. Ehre das Alter! 
In Athen kam ein hochbejahrter Mann in das Theater, konnte aber 
nirgends Platz finden. Zufällig waren lakedämonische Gesandte anwesend, 
denen man ehrenhalber bestimmte Plätze angewiesen hatte. Sobald er
	        
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