Full text: Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen des Regierungsbezirks Düsseldorf

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entgegenkam, sich erschrocken vom Bürgersteig auf die offene Slraße 
Achtete. 
2. 
Bald erreichte er sein heim, weit draußen in einer stillen vor- 
stadtgasse. Mit hurtigen Sprüngen eilte er die vier engen, steilen 
deppen hinauf. Zeine schmucke blonde Frau empfing ihn. „Grüß' 
dich Gott, Robert!!" sagte sie und schaute ihn von der Seite an, denn 
sle las es ihm gleich vom Gesicht, daß irgend etwas nicht in der Ordnung 
u>ar. Diese Wahrnehmung aber verschwieg sie ihm. Sie faßte seinen 
6rm und zog ihn gegen die Stube. „Komm nur, kannst mir gleich 
die Kerzen aufstecken helfen. Die Kinder wollen schier nimmer warten, 
bie schreien wie die wilden, und der armen Großmutter haben sie 
schon alle Falten vom Rock heruntergerissen." 
Sie traten in das Zimmer, das, von einer Hängelampe erhellt, 
lrotz seiner dürftigen Ausstattung einen behaglichen, freundlichen Ein¬ 
druck machte. Der Tisch war schon zum Rbendessen gedeckt, und 
seitwärts auf einem niedern Kasten stand der kleine, nicht allzu schwer 
behängte Thristbaum, unter dem die kärglichen weihnachtsgaben für 
die Großmutter und die Kinder ausgebreitet waren. Sie redeten eine 
Weile über diese Sachen und Sächelchen hin und her, dann begannen 
sl^ die Kerzen aufzustecken, während aus dem anstoßenden Zimmer 
der übermütige Jubel der drei „wilden" sich hören ließ. 
„Robert!? Mir kommt vor, als hättest heut einen Verdruß 
gehabt?" fragte nach einer weile die junge Frau. „Gott bewahr'!" 
brummte er und schüttelte den Kops. Sie fragte nicht weiter, denn 
sie kannte ihn — und da kam's denn nach kurzen Minuten von 
selbst aus ihm heraus, diese Kaffeehausgeschichte, „heut nachmittag, 
gerad' wie ich aus der Fabrik hab' fort wollen, hat mir einer einen 
^ief geschickt, ich soll' zu ihm ins Kaffeehaus kommen, weil er mir 
eine wichtige Mitteilung zu machen hätt'." 
„Und bist hingegangen?" 
Natürlich war er hingegangen und hatte dort jenen vornehmen 
l)errn gesunden, der sich ihm als Besitzer einer großen Porzellanfabrik 
genannt hatte, va war es nun bald aufgekommen, daß Zchaller eine 
nichtige Mitteilung nicht empfangen, sondern geben, verkaufen sollte. 
Bie Fabrik, in welcher er arbeitete, lieferte neben andern einschlägigen 
Waren eine gewisse Majolikasorte, die den reißenden Rbsatz, den sie ge¬ 
funden hatte, der tadellosen Schönheit und dem unvergleichlichen Schmelz 
llKer Farben verdankte, viele Fabriken hatten es versucht, den gang¬ 
baren Rrtikel nachzumachen; aber wenn auch die zur Erzeugung dieser 
bchmelzfarben nötigen Stoffe bekannt waren, so vermochte doch keiner 
ber Nachahmer die richtige Mischung zu treffen. Diese war das wohl- 
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