Full text: Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen des Regierungsbezirks Düsseldorf

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Das Wrack sitzt ziemlich hoch auf den Wippen, und der Schlepper 
darf sich nicht weiter heranwagen, wenn er nicht auch stranden will. 
Tin pfiff. Die Mannschaft des Rettungsbootes hat sich auf den 
Ruderbänken sestgelascht und legt die Riemen. „Los!" ruft der vor- 
mann: Das Ende des Schlepptaues fliegt über Bord, und die Ruder, 
von Armen wie von Eisen geführt, fangen an zu arbeiten. Das 
Rettungsboot fliegt an dem Schlepper vorbei dem Wrack zu. l)och 
auf wie eine Feder wird es von der rasenden See gehoben, um gleich 
daraus wieder in einem Abgrund zu verschwinden. Aber die Mann¬ 
haft versteht ihr Handwerk aus dem Fundamente. Gleichmäßig 
tauchen die langen, schweren Riemen in das Wasser. 
Der Dormann führt das Steuer. Mit scharfem Blick beobachtet 
er die heranrollenden Wellen und steuert ihnen geschickt das Boot 
entgegen. Jetzt brüllt eine furchtbare See heran. „Riemen anlegen!" 
ruft der Bootsführer. Die Ruderstangen fliegen an die Bordseite des 
bootes aus den haltenden pflöcken heraus, und die hochaufschäumende 
Welle geht über die Mannschaft hinweg, das Rettungsboot ganz unter 
sich begrabend. Aber nein! Dort taucht es aus den fluten auf, als 
wäre nickts geschehen. Die Männer sitzen wie vorher auf ihren 
sänken, und die Riemen tun schon wieder ihre Schuldigkeit, wie 
ist das möglich? Das Rettungsboot hat zwei luftdicht gegeneinander 
^^geschlossene Boden und vorn und hinten Luftkästen. Ruf diese 
Weise ist ihm eine ungeheuer große Zchwimmkraft gesichert. Rings 
um das Boot läuft außen an den Bordseiten eine mit Rork gefüllte 
Walze, die zugleich als Puffer dient und das Rnprallen an einen 
harten Gegenstand abschwächt. Damit es nicht kentern kann, hat 
wan ihm einen schweren Bleikiel gegeben. Außerdem sind zwischen 
den Fußstemmleisten selbsttätige Lntleerungsventile angebracht, die sich 
Huch außen öffnen. Schlägt nun eine schwere See in das Boot, so 
^unn sie wohl durch ihre riesengroße Rrast das Boot für einen Rugen- 
älick unter Wasser drücken,' aber sobald sie verlaufen ist, hebt es sich 
vermöge seiner Zchwimmkraft, und die Ventile lassen das im Boot 
vorhandene Wasser ausströmen. 
Die gewaltige Sturzsee, die über das Rettungsboot hereinge¬ 
rochen ist, hat es eine ganze Strecke zurückgeschlagen. Aber die 
wackern Burschen an den Rudern arbeiten unverdrossen weiter. Sie 
hnd bis auf die l)aut durchnäßt; denn gegen eine solche See schützt 
uuch das beste Glzeug nicf)t; doch sie spüren die Kälte nicht, das 
Ludern gegen Sturm und Wellen macht warm. Mit der Zeit kommen 
r doch vorwärts. Das Rettungsboot sucht jetzt in „Lee" des Wracks, 
k- h. in seinen Windschatten zu kommen. Rach vielen vergeblichen 
Bemühungen gelingt das endlich, doch ist auch hier der Seegang so
	        
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