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Das Wrack sitzt ziemlich hoch auf den Wippen, und der Schlepper
darf sich nicht weiter heranwagen, wenn er nicht auch stranden will.
Tin pfiff. Die Mannschaft des Rettungsbootes hat sich auf den
Ruderbänken sestgelascht und legt die Riemen. „Los!" ruft der vor-
mann: Das Ende des Schlepptaues fliegt über Bord, und die Ruder,
von Armen wie von Eisen geführt, fangen an zu arbeiten. Das
Rettungsboot fliegt an dem Schlepper vorbei dem Wrack zu. l)och
auf wie eine Feder wird es von der rasenden See gehoben, um gleich
daraus wieder in einem Abgrund zu verschwinden. Aber die Mann¬
haft versteht ihr Handwerk aus dem Fundamente. Gleichmäßig
tauchen die langen, schweren Riemen in das Wasser.
Der Dormann führt das Steuer. Mit scharfem Blick beobachtet
er die heranrollenden Wellen und steuert ihnen geschickt das Boot
entgegen. Jetzt brüllt eine furchtbare See heran. „Riemen anlegen!"
ruft der Bootsführer. Die Ruderstangen fliegen an die Bordseite des
bootes aus den haltenden pflöcken heraus, und die hochaufschäumende
Welle geht über die Mannschaft hinweg, das Rettungsboot ganz unter
sich begrabend. Aber nein! Dort taucht es aus den fluten auf, als
wäre nickts geschehen. Die Männer sitzen wie vorher auf ihren
sänken, und die Riemen tun schon wieder ihre Schuldigkeit, wie
ist das möglich? Das Rettungsboot hat zwei luftdicht gegeneinander
^^geschlossene Boden und vorn und hinten Luftkästen. Ruf diese
Weise ist ihm eine ungeheuer große Zchwimmkraft gesichert. Rings
um das Boot läuft außen an den Bordseiten eine mit Rork gefüllte
Walze, die zugleich als Puffer dient und das Rnprallen an einen
harten Gegenstand abschwächt. Damit es nicht kentern kann, hat
wan ihm einen schweren Bleikiel gegeben. Außerdem sind zwischen
den Fußstemmleisten selbsttätige Lntleerungsventile angebracht, die sich
Huch außen öffnen. Schlägt nun eine schwere See in das Boot, so
^unn sie wohl durch ihre riesengroße Rrast das Boot für einen Rugen-
älick unter Wasser drücken,' aber sobald sie verlaufen ist, hebt es sich
vermöge seiner Zchwimmkraft, und die Ventile lassen das im Boot
vorhandene Wasser ausströmen.
Die gewaltige Sturzsee, die über das Rettungsboot hereinge¬
rochen ist, hat es eine ganze Strecke zurückgeschlagen. Aber die
wackern Burschen an den Rudern arbeiten unverdrossen weiter. Sie
hnd bis auf die l)aut durchnäßt; denn gegen eine solche See schützt
uuch das beste Glzeug nicf)t; doch sie spüren die Kälte nicht, das
Ludern gegen Sturm und Wellen macht warm. Mit der Zeit kommen
r doch vorwärts. Das Rettungsboot sucht jetzt in „Lee" des Wracks,
k- h. in seinen Windschatten zu kommen. Rach vielen vergeblichen
Bemühungen gelingt das endlich, doch ist auch hier der Seegang so