Der Wiener Kongreß.
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durch ihre Minister, Zusammenkünfte zu veranstalten behufs Erwägung der
großen gemeinsamen Interessen und der für die Ruhe, die Wohlfahrt und den
Frieden Europas heilsamen Maßregeln". Hiermit wurde die Ära der Kongresse
begründet, welche während der nächsten acht Jahre von entscheidendem Einflüsse
auf die öffentlichen Angelegenheiten geworden sind. Eine Wirksamkeit der
Grundsätze der Heiligen Allianz dagegen zeigt sich nicht einmal da, wo sie
am ehesten gesucht werden müßte, im Privatleben ihrer Stifter und deren
nächsten Umgebungen. Auch jene brüderliche Eintracht der Monarchen, von
der der Vertrag vom 26. September so erbaulich sprach, hat in Wahrheit nicht
einen Tag bestanden, auch nicht von feiten Alexanders, der seinem nach Wien
gehenden Gesandten zum Abschied das Wort mitgab: „Der Vertrag vom
3. Januar 1815 ist uns immer vor Augen" (vgl. § 3), noch weniger von
feiten seiner Staatsmänner, besonders des Grafen Capodistrias und Pozzo
di Borgos, die alles, was von Wien aus geschah, mit dem äußersten Mi߬
trauen betrachteten. Dort aber faßte man die ganze Sache fo skeptisch wie
nur möglich auf. „Die sogenannte Heilige Allianz", schrieb Gentz im
Januar 1816, „ist eine politische Nullität und wird nie zu einem ernstlichen
Resultate führen; sie ist eine im Geiste übel angebrachter Devotion oder ein-
facher Eitelkeit erfundene Theaterdekoration, für Alexander nichts als ein
Werkzeug, um den Einfluß zu üben, der ein Hauptziel seines Ehrgeizes ist,
dessen er sich mit vielem Geschick bedient, das er aber an dem nämlichen Tage
zerbrechen wird, an welchem er glauben wird, es durch etwas Wirksameres
ersetzen zu können." (Flathe, Das Zeitalter der Restauration und Revolution.)
§ 3. Oer Wiener Kongreß.
Durch die aus dem Wiener Kongreß nach den Grundsätzen der
Restaurationspolitik vollzogene Neuordnung der europäischen
Staatenwelt wurde die Verwirklichung der Idee nationaler
Staatenbildung vereitelt, der preußische Staat in der Erfüllung
seiner nationalen Aufgabe gehemmt und Deutschland auf mehr als
ein halbes Jahrhundert hinaus der dynastischen Politik Österreichs
und dem Partikularismus seiner Klientelstaaten überliefert.
I. Die Notwendigkeit eines allgemeinen Kongresses
ergab sich aus dem von Österreich im Interesse seiner dynastischen
Politik absichtlich übereilten Abschlüsse des Friedens mit
Frankreich.
1. Nur der preußische Staat hatte den Kampf gegen Napoleon
als einen echten Volkskrieg zur Befreiung von dem für Preußen unerträglichen
Joche der Fremdherrschaft begonnen und hatte ihn, ohne seine Kriegsführung
durch irgendwelche Rücksichten auf größeren oder geringeren Gewinn bestimmen
zu lassen, durchgeführt in der alles andere zurückdrängenden Absicht, den ver¬
haßten Gegner zu vernichten. Mit vollstem Rechte konnte sich Preußen daher
auch das Hauptverdienst an dem glücklichen Ausgange des furchtbaren
Kampfes zuschreiben; dem Opfermute des preußischen Volkes, der kühnen
Initiative der preußischen Feldherren und der stürmischen Tapferkeit des freiheits-
begeisterten preußischen Volksheeres gebührte zweifelsohne der Hauptanteil an