fullscreen: Elsaß-Lothringisches Schul-Lesebuch (Oberstufe, [Schülerbd.])

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das Werk des andern, um dasselbe weiter zu verarbeiten, und jede Minute 
Verspätung, die sich etwa ein Saumseliger zu Schulden kommen läßt, zwingt 
womöglich den nächsten zur Untätigkeit. Ja, es ist das ganze Arbeitsgebiet 
der Menschen einem großen Uhrwerke zu vergleichen; ein Rad greift in das 
andere, und wenn einmal nur ein Zäckchen nicht an der gebotenen Stelle 
eingreift, gerät sofort das ganze Werk ins Stocken. 
Wenn du in dieser Weise die arbeitende Menschheit betrachtest, so er¬ 
kennst du auch, daß der einzelne nicht allein für sich selbst sorgt, sondern daß 
er für seine Mitmenschen fleißig schafft. Was er gefertigt hat, benutzt ein 
anderer, um mit dem Dinge oder durch dasselbe ein anderes Werk herzu¬ 
stellen, oder um eins seiner Bedürfnisse zu befriedigen. Jede dieser Arbeiten 
ist für die Erreichung eines menschlichen Zweckes notwendig und nützlich. 
Wir sind somit alle von unsern Mitmenschen abhängig; wir kennen die Leute 
gar nicht, die alle für uns gearbeitet haben; denn sie sind über die ganze 
Erde verbreitet. Du hast heute früh Kaffee getrunken — die Leute in 
Brasilien haben ihn gebaut. Wer Tee trinkt, denkt kaum daran, daß der¬ 
selbe in Asien von fleißigen Leuten gepflückt ist. Den Reis hat der Inder 
gepflegt. So hat jedes Ding, dessen du bedarfst, in einem andern Winkel 
der Erde die Hände in Bewegung gesetzt. Jsts nicht also, daß die Menschen 
eine große Arbeitsgemeinde bilden, in welcher ein Glied dem andern für seine 
Treue zu danken hat, daß also die Menschen zusammengehören wie eine 
große Familie, in der sich alle als Brüder und Schwestern betrachten? 
OLk. Pacht. 
öö. Ein falscher Freund. 
Traue keinem Freunde, ehe du von seiner Aufrichtigkeit überzeugt bist! 
So mancher schleicht sich mit schmeichlerischen Worten an den Menschen heran, 
um ihn nur um so sicherer verderben zu können. Zu diesen falschen Freunden 
gehört auch der Branntwein. 
„Ich wärme dich!" spricht er zu dem frierenden Wanderer, dem bei 
strenger Winterkälte ein Wirtshausschild am Wege winkt. „Nimm schnell ein 
Gläschen; dann magst du weiter gehen! Sollst sehen, wie es danach warm 
durch deine Glieder zieht!" 
Warm wird's dem getäuschten Manne; aber wie lange dauert dieses 
Wärmegefühl? Gar bald macht es einer um so empfindlichern Kälte Platz. 
Jenes Kreuz dort am Wege zeigt dir die Stelle, wo er erfroren auf¬ 
gefunden wurde. 
„Ich stärke dich!" sagt er zum Holzhackcr, der ermüdet und schwei߬ 
triefend vor seinem Holzstoße steht. „Trinke nur einmal ein Schlückchen! 
Fühlst du nicht, wie so ein paar Tröpfchen stärken können?" 
Sahst du schon einen abgetriebenen Gaul mit auf- und abgehenden 
Flanken mühsam seinen schweren Karren den Berg hinanschleppcn? — „Ich 
muß mein Rößlein einmal stärken," denkt der Fuhrmann und haut das ge¬ 
plagte Tier. Und siehe da, es zieht auch wieder besser.
	        
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