Full text: Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen des Regierungsbezirks Düsseldorf

Winterfleiß gesponnen“. Wir bewundern die vielen Dutzende 
von Leinentüchern, Kissenüberzügen, Hemden, Hand- und Tisch¬ 
tüchern, Kaffeedecken in einfachem und Gebildleinen und die 
zahlreichen Rollen unverarbeiteter Leinwand. Und an manche 
Stücke knüpfen sich viele Erinnerungen. Jene Leintücher dort, 
so erzählt uns die Frau, hat ihre Mutter gesponnen. Diese 
Hemden rühren noch von der Großmutter her. Wahrhaftig, 
die Frau kann stolz sein auf diese Schätze an Leinen. Und 
sie betrachtet es als eine Pflicht, den Bestand zu erhalten und 
noch zu vermehren. Sie zeigt uns ferner Tirteykleider, die 
schon über dreißig Jahre getragen wurden und doch noch 
brauchbar sind. Der Anblick einer so reichen Leinwandkammer 
zeigt uns, daß auch heute noch der alte Spruch zutrifft: 
Selbst gewonnen, selbst gesponnen, selbst gemacht, 
Ist die beste Bauerntracht. 
161. Die Korbweidemucht im unteren Rurtale. 
In den freundlichen Tälern der unteren Rur und Wurm, in 
der Gegend von Jülich, Geilenkirchen und Heinsberg, wuchsen die 
Korbweiden feit Jahrhunderten in großer Menge wild an den Fluß- 
und Bachufern. Die Bewohner dieser Täler haben die Weiden¬ 
ruten schon von alters her zu den mannigfachsten Gebrauchsgegen¬ 
ständen für den Haushalt und die Ackerwirtschaft verarbeitet. Das 
geschah besonders in den Dörfern Brachelen und Hilfarth. Die Her¬ 
stellung feinerer Flechtwaren, die sogenannte Splißwirkerei, wurde 
namentlich in den Orten Beggendorf und Süggerath bei Geilen¬ 
kirchen betrieben. Frühzeitig entwickelte sich auch der Hrnidel mit 
Korbwaren. Auf den Jahrmärkten der größeren und kleineren 
Städte des Fülicher und Gölner Landes fehlte selten der Korb¬ 
warenhändler. Wiederholt im Fahre erschien er, wie man es heute 
noch zuweilen sieht, mit einem Wagen voll Korbwaren im Dorfe 
und bot diese den Landleuten zum Kaufe an. Im Lause der Zeit 
hob sich das Korbmacherhandwerk derart, daß die Korbflechter Ende 
des sechzehnten Jahrhunderts Zunftrecht und Innungsordnung er¬ 
langten. Bei Beginn des vorigen Fahrhunderts verlor das Gewerbe 
der Korbmacher infolge der Revolution in Frankreich und der fran¬ 
zösischen Herrschaft aus dem linken Rheinuser seine Vorrechte und 
den Schutz des Innungsgesetzes und sank allmählich immer tiefer. 
Seitdem aber die Korbflechter sich mehr aus die Anfertigung von 
Kunstflechtwerk verlegt haben und die gewöhnlichen Körbe in den
	        
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