- 99
14. Lebensjahre trat er unter Friedrich Wilhelm I. als Fahnenjunker in das
Heer ein, kam dann zu den Husaren und erwarb sich bald Ruf und*Achtung.
Unter Friedrich II. nahm er an dem ersten und zweiten Schlesischen
Kriege teil und zeichnete sich wiederholt durch Mut, aber auch durch
Verwegenheit aus, so daß er zum Generalmajor ernannt wurde.
Im zweiten Schlesischen Kriege zeigte Ziethen seine List in einer höchst
verwegenen Weise. Friedrich wollte einem seiner Feldherren eine wichtige
Nachricht zukommen lassen; aber zwischen den beiden preußischen Heeres-
abteilnngen lagen die Österreicher. Ziethen bekam den Auftrag, sich durch die
Feinde einen Weg zu bahnen, selbst wenn sein ganzes Regiment geopfert
werden müßte. Das tat dem General, der seine Husaren wie seine Kinder
liebte, sehr leid; er wollte eine List versuchen. Seine Husaren, welche erst
jüngst neue Uniformen erhalten hatten, konnten mit ungarischen Reitern leicht
verwechselt werden. Ziethen ließ einige Soldaten, welche der ungarischen
Sprache mächtig waren, an die Spitze des Regiments kommen und besaht
ihnen, sich fortwährend ungarisch zu unterhalten. So gings keck hinter einem
österreichischen Dragonerregiment her, und ungefährdet kamen die Preußen
an einem großen Teile der Feinde vorüber. Als ein österreichischer Offizier
herankam, um die vermeintlichen Ungarn zu begrüßen, wurde er sogar gefangen
genommen. Endlich jedoch wurde die List von einem Vorposten erkannt;
aber bei dem Rufe: „Ziethen! Preußen!" brach eine solche Verwirrung unter
den Feinden aus, daß der kühne Befehlshaber, der seine Husaren so schnell
als möglich reiten ließ, glücklich seinen Auftrag überbrachte.
Besonders im Siebenjährigen Kriege zeichnete sich Ziethen wiederholt
durch Mut und Tapferkeit, wie auch durch Kühnheit und Verwegenheit aus.
Er führte gewöhnlich die Vorhut und suchte die Pläne der Feinde zu durch-
kreuzen.
Einst stand die Sache des Kömgs recht schlecht, und Friedrich war der
Verzweiflung nahe. Das merkte Ziethen und redete ihm Mut ein. Doch
spöttisch fragte ihn der König: „Hat er denn vielleicht einen neuen Ver-
bündeten gefunden?" „Nein," antwortete Ziethen, „das nicht; ich rechne aber
auf den alten dort oben, der verläßt uns nicht." Nach dem Siebenjährigen
Kriege erhielt Ziethen vom Könige ein ansehnliches Geldgeschenk, wofür er
einen Teil seiner väterlichen Güter zurückkaufte. Öfters zog ihn der König
zur Tafel und lud ihn gern zur Truppenschau ein. Als der greise Held einst
bei Tische eingeschlafen war, wollte ihn einer der Generale wecken. Der König
aber sprach: „Laßt ihn schlafen, er hat oft genug für uns gewacht."
3. Ter General von Scydlitz. Friedrich Wilhelm von Seydlitz
stammte aus dem Herzogtum Kleve. Schon in jungen Jahren zeigte er als
geschickter Reiter großen Mut, aber auch öfters eine verwegene Tollkühnheit.
Kein Pferd war ihm zu wild, kein Ritt zu lang, kein Sprung zu weit; oft
jagte er zum Schrecken der Leute zwischen den Windmühlenflügeln durch, wenn
sie in Bewegung waren.
Einst ritt Seydlitz im Gefolge Friedrichs des Großen über eine Brücke,
deren mittlerer Teil aufgezogen war, um ein Schiff durchzutasten. Er hatte
kurz vorher geäußert: „Kein Reiter darf sich gefangen nehmen lassen, solange