Das Deutsche Reich, 141
maligen Vorort der Hansa, das mit Dänemark, Schweden und Ruß-
land in regem Verkehr steht und bedeutende Reederei hat, aber hinter
den großen Nordseestädten zurücksteht. Die Stadt hat ihr altertüm-
liches Aussehen ebenso wie Danzig bewahrt; sehenswert sind das
Rathaus, die Marienkirche, eine der größten und schönsten KirchenDeutsch-
lands, und das Holstentor. Seitdem die Trave angemessen vertieft ist,
ist Travemünde nur noch Seebad. Durch einen Kanal ist Lübeck
mit der Elbe verbunden, der bei Lauenburg in diese mündet. In
dem seit 1865 preußischen Herzogtum Lauenburg liegt im Sachsen-
walde Friedrichsruh, wo der Reichskanzler Fürst Bismarck zuletzt
wohnte und begraben ist.
Die Bewohner Schleswig-Holsteins, des einzigen deutschen
Landes, das von der Ost- und Nordsee bespült wird, sind Sachsen,
an der W -Küste jedoch sitzen Friesen, und im n.sten Teile Schleswigs
wohnen Dänen. Im höheren O. herrscht Ackerbau, in den srucht-
baren w. Marschen Viehzucht (Pferde und Schlachtvieh) vor, der
sandige und moorige Mittelstreifen ist nur dünn bevölkert. An Wald
ist das Land sehr arm, nur im SO., z. B. in der Umgegend von
Eutin, gibt es schöne Buchenwälder. Größere Orte entstanden an
den für Seeschiffe zugänglichen Buchten (Föhrden) der Ostküste, wo
"Kiel, Schleswig und Flensburg Handel und Schiffahrt treiben.
Ö. von Flensburg liegt der Insel Alsen gegenüber die Halbinsel
Sundewitt mit den 1864 von den Preußen erstürmten Düppeler
Schanzen. Kiel ist als Universitätsstadt beachtenswert; es hat große
Schiffswerften und ist Deutschlands Kriegshafen an der Ostsee. Das
befestigte Friedrichsort deckt die Einfahrt in den Hafen und zu-
gleich die in den Kaiser-Wilhelm-Kanal, der, 96 km lang und für
die größten Schiffe fahrbar, über Rendsburg an der Eider nach
Brunsbüttel an der Elbemündung führt. Auf der für Seeschiffe fast
unnahbaren W.-Küste ist Tönning an der Eidermündung der Aus-
fuhrhafen für den Handel mit Schlachtvieh, das nach England ver-
schifft wird. Die größeren der Nordfriesischen Inseln, Sylt und
Föhr, haben vielbesuchte Seebäder. Die kleineren, die Halligen,
deren geringer Umfang die Eindeichung nicht lohnt, sind schutzlos
dem Meere preisgegeben. Ihre Bewohner, die ihre Häuser auf
künstlichen Erdhügeln, den Wurten, errichten, treiben Viehzucht und
Schiffahrt und hängen trotz der stets drohenden Gefahren sehr an der
Heimat. Neuerdings wird durch Eindeichung vom Meere verschlungenes
Land zurückgewounen. ■— Über die Nordseestädte Hamburg und Altona
vergl. den folgenden Abschnitt.