Object: Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit (Bd. 1)

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gewiß," sagte Desiderius bestimmt; denn mächtig und groß ist das 
Heer." Otker antwortete: ,Noch nicht, noch nicht." Da wurde der König 
ängstlich und sprach: „Weh, was sollen wir beginnen, wenn der Karl 
noch stärker kommt." „Wie er kommen wird, wirst du gewahr werden; 
was mit uns geschehen wird, weiß ich nicht," antwortete jener. Unter 
diesen Reden zeigte sich ein neuer Troß. Erstaunt sagte Desiderius: 
„Darunter ist doch Karl?" „Immer noch nicht," sprach Otker. Jetzt 
erblickt man im dichten Volksgewimmel Bischöfe, Äbte, Capellane, Kreuze 
und Fahnen ragten aus der Menge hervor, und süßer Weihrauch 
wirbelte auf. Außer sich stöhnte Desiderius: „Laß uns niedersteigen und 
uns bergen in der Erde vor dem Angesichte des starken Feindes." Da 
erinnerte sich Otker der Zeit, wo er noch Karls Größe und Herrlichkeit 
oft gesehen hatte, und er sprach: Wenn das Thal des Tessin und des 
Po weithin erglänzt in blanken Waffen, dann wird Karl erscheinen. 
Kaum war das Wort gesprochen, da erschienen die zahllosen Scharen 
der Krieger. Wie int Tessin eine Welle der andern folgte, so folgte eine 
Reiterschar der andern. Jetzt erschien auch Karl. Eisern war sein Helm, 
eisern Panzer und Schild. Arme und Beine waren mit Eisenpanzern 
geschützt, und auch sein Roß schien eisern an Mut uud Farbe. Alle 
die vorausgingen, zur Seite waren und ihm nachfolgten, ja das ganze 
Heer schien auf gleiche Weise ausgerüstet. Otker rief: „Hier ist er 
endlich, König, nach dem du so viel gefragt hast," und er stürzte 
erschrocken zu Boden. 
Ergänzungen. 
1- Ob wohl Karl die Stadt Pavia erobern wird? 
Einem so mächtigen Heere wird Desiderius nicht auf die Dauer 
Widerstand leisten können. In der That mußte sich die Stadt nach 
sechsmonatlicher Belagerung ergeben. Der gefangene Desiderius wurde 
in ein Kloster geschickt und sein Reich mit dem fränkischen vereinigt. 
Karl nannte sich von nun ab König der Franken und Longobarden. 
2. Karl der Große zog auch nach Rom. Welchen Empfang 
wird er dort gefunden haben? 
Der Papst Hadrian I. und das römische Volk werden ihn mit 
Freude und Dankbarkeit aufgenommen haben; denn Karl hatte ihren 
Feind vernichtet. — Der Papst, die Geistlichkeit, das ganze Volk ging 
ihm im feierlichen Zuge entgegen, und unter dem freudigen Zurufe des 
Volkes: „Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn!" zog Karl 
in Rom ein. 
3. Die Päpste hatten also in den Frankenkönigen Gön¬ 
ner und mächtige Beschützer. Wie wird sich da auch nach 
Hadrians Tode der neue Papst Leo III. zu Karl gestellt 
haben? 
Er wird sich bestrebt haben, in Frieden und Freundschaft mit ihm 
zu leben. — 
Karl war wieder einmal in Rom. Es war gerade zu Weihnachten 
des Jahres 800. Mit dem Purpurmantel angethan kniete er am heiligen 
Festtage vor den Stufen des Hochaltars in der St. Peterskirche.
	        
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