Besonders liebte er die Schule. Ihre Pflege war ihm eine Gewissens-⸗,
ja eine Herzenssache. Er wußte, was für das Volksleben die Erziehung
der heranwachsenden Jugend hedeutet, und wie er sich dem ganzen Volke
innerlich herbunden fühlte, so sah er in der Sorge für dessen Kinder nur
eine Erweiterung derjenigen, die er für sein eignes Haus trug. Er war 5
gerne in den Schulen, und wo er sie besuchte, prüfte er mit warmem
Herzen, aber mit offenem Auge.
Ühter den glorreichen Zeugnissen, die im Laufe seines tatenreichen
Lebens dem edeln Kaiser ausgestellt worden sind, ist wohl das schönste
das Dankschreiben, das sein Vater an ihn richtete, als er am 5. Dezember 10
1878 die Regierung wieder uüͤbernahm, in der ihn sein Sohn „mit voller
Hingebung und mit sorgsamer Beachtung seiner Grundsätze erfolgreich
vertreten“ hatte. Sie war dem gereiften Manne nur durch seine fromme,
kindliche Liebe und durch die volle innere Anerkennung der hohen Verdienste
deg Valers möglich, in dem er stets auch seinen Kaiser sah. 15
3. Auf den Thron gelangte Friedrich III. erst in einer Zeit, wo
seine Kräfte nach Gottes Ratschluß bereits durch ein langes, schweres
Siechtum gebrochen waren. Die Qual erlahmte aber an seinem Pflicht⸗
gefühl. Er raffte sich vom Krankenbett auf und eilte trotz der gefahr⸗
drohenden Winterkälte aus dem fernen Süden in die Heimat, übernahm 20
die Zügel der Regierung Und arbeilete unter unsäglichen körperlichen
Schmerzen und bangenden Sorgen mit peinlicher Pflichttreue. Sein
Leben lang war sein Ziel gewesen, einst als Herrscher dem Vaterland und
der Menschheit zu dienen. Als nun die Zeit der Erfüllung gekommen zu
sein schien, da konnte die Welt nur noch eins von ihm lernen, was frei⸗ 25
lich das Schwerste ist: die Entsagung und Ergebung in den Willen Gottes,
Nsleiden, oͤhne zu klagen. Die Kürze seiner Regierung und das schnelle
Sinken seiner Kräfte vergönnten ihm nicht, wichtige Maßregeln zur Durch—
führung zu bringen. Im ganzen war ihm dennoch ein reiches Leben be⸗
schieden, reich an Eindrücken und Erfahrungen und reich an Wirsamkeit 30
und an Segen. Nach Rodd und Ruge
Merkworte: 1. „Ich bin stolz darauf, Gut und Blut einzusetzen für die heiligsten
Güter unsers Vaterlandes.“
2. Ich kenne kein andres Ziel meines Strebens, als das Glück und die Wohl—
fahrt des Vaterlandes.“ 35
360. Aus dem Leben des Fürsten Bismarck.
1. Eine Lebensrettung.
Es war im Sommer des Jahres 1842, als der Leutnant Otto von
Bismaͤrck eine Landwehr-Übung mitmachte. An einem Nachmittag stand
mil mehreren Kameraden zusammen auf der Brücke des Sees zu Lippehne, 10
nem Slaͤdichen in der Neumark, und sah zu wie sein Reitknecht Hilde—
hrand das Pferd in die Schwemme ritt. Der unkundige Reiter geriet
in eine liefe Stelle des Sees. Das Pferd wurde unruhig und überschlug
sich beim Schwimmen; der Reiter verschwand in der Flut. Ohne Be—⸗
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