3. Nein, nein und nein! Auch vom Himmel ein Stück:
Offener Frauenarm, Kinderjubel, häusliches Glück,
naht der Vater aus der Fabrik.
Wo sich am Herde die Liebe ffndet,
hat des Ruhtags Verlauf
viel künftige Kraft gespendet. Liliencron, Ausgewählte Gedichte.
64. Wie ein erfahrener Arzt über das Milchtrinken denkt.
Von Ernst Cremer.
^Heine Eltern, so erzählte der angesehene Oberarzt Dr. Klauß am
JJi Städtischen Krankenhause in C., waren einfache Bauersleute im
Bergischen. Die Äcker auf den Höhen waren wenig ergiebig; aber in den
feuchten Gründen gab es saftige Wiesen und fette Weiden, auf denen wir
fünf bis sechs Milchkühe und auch einige Ziegen hielten.
Als Bursche von neun und zehn Jahren fuhr ich an schulfreien
Tagen nicht selten mit dem Milchwagen zu der etwa zwei Wegestunden
entfernten Molkerei. Diese Fahrten gehören zu den angenehmsten Er¬
innerungen meiner Jugendzeit. Bei Tagesanbruch war in Küche und
Stall schon alles lebendig. Die Kühe wurden gefüttert, gestriegelt und
gebürstet. Die Melkmagd kam in ihrer weißen Schürze, spülte die blank¬
gescheuerten Eimer nach und brachte sie nach einiger Zeit mit frischer,
schäumender Milch bis an den Rand gefüllt zurück. Niemand war von
der Notwendigkeit peinlichster Sauberkeit bei Gewinnung und Verarbeitung
der Milch mehr überzeugt als meine Mutter. Sie hielt streng darauf,
daß sich die Magd vor dem Melken die Hände wusch, daß jeden Morgen
das Euter gewaschen und die gewonnene Milch durch ein Tuch geseiht
wurde. Sie überwachte das Reinigen und Füllen der Kannen und konnte
recht böse werden, wenn Anton, der Hütejunge, Pferdeknecht und Milch¬
kutscher in einer Person war, es nicht so genau nehmen wollte. Endlich
war alles zur Abfahrt bereit; ich schwang mich neben Anton auf den
Bock, und mit Hott und Hiih ging's in den taufrischen Morgen hinein.
War das eine Freude, wenn unser Rößlein so munter vor uns her trabte,
wenn wir noch lauter pfiffen als die Vögel dort oben in den Zweigen
und auch nicht der leiseste Gedanke an die Schulaufgaben wach wurde.
In der Molkerei wurde unsere Milch ans ihren Fettgehalt geprüft und
kam dann in die große Milchschleuder, die den Rahm von der Mager¬
milch trennt. Wir beide aber verzehrten unterdessen das Frühstück, zu
dem wir ein Glas der köstlichen frischen Milch tranken, die uns die
Mutter eigens zu dem Zwecke mitgegeben hatte.
Im Hause meiner Eltern wurde regelmäßig und viel Milch getrunken,
und groß und klein befand sich wohl dabei. Ich erinnere mich nicht, daß,
solange ich zu Hanse verweilte, eins unserer zahlreichen Familienmitglieder
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