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Drachen verbrannten. Da floss unter den brennenden Slämmen und
Asten das Fett wie ein Bächlein dahin. diegfried tauchte den Finger
in das Fett, und wie es erkaltet war, wurde es hartes Horn.
Als er das bemerkte, zog er seine Reider aus und badete sich
in dem Drachenfette, so dals er hörnen wurde, mit Ausnahme einer
Stelle an der Schulter, wohin ein Lindenblatt fiel. Und dies ist die
Ursache, warum man ihn später den gehörnten Siegfried nannte.
G. Schwab.
102. Der Nibelungenhort.
ls waren einst zwei Königssõhne, Schilbung und Nibelung, die
in einem hohlen Berge wohnten und über Zwerge und starke
Mannen herrschten. In dem Berge hatten sie einen Schatz liegen,
den Hort der Nibelungen, der war so reich an Gold und Edel-
steinen, dass hundert Doppelwagen ihn in dreissig Tagen nicht hätten
laden können. Auch lagen kostbare Ringe dabei und eine goldene
Wunschelrute, aulserdem ein Gewand (Kappe), das unsichtbar
machte und Tarnkappe genannt wurde. Gerade als die beiden jungen
Könige den Schatz teilen wollten, kam Siegfried vor den Berg, und
weil sie nicht eins werden konnten, wählten sie ihn zum
Schiedsrichter. Aber auch er konnte es keinem zu Dank machen;
sie gerieten mit ihm in Streit und riefen zwölk Riesen zu ihrer
Hilfe herbei. In seinem Zorne erschlug Siegfried sie, einen nach dem
andern, und die beiden Könige dazu. Nur der Zwerg Alberich blieb
übrig. Auch ihn bezwang Siegfried und nötigte ihn, den Nibelungen-
hort zu bewachen. Die Tarnkappeæ nahm der Held mit sich; alle
übrigen Schätze liels er in der Obhut des Zworges. V. Linnig.
103. Aus dem Nibelungenliede.
1. Kriemhilds Ciebe.
a. Wie Siegfried Kriemhild zur Gemahlin begehrte.
An Königshofe zu Worms fand man gar kühne Helden. Da waren
die drei edeln Brüder Gunther, Gernot und der junge Giselher.
Ihnen diente der grimme Hagen von Tronje, sein Bruder Dankwart
und Volker von Aßzei, der lustige Spielmann. Wohl wäre noch manch
stolzer Ritter zu neunen; aber keiner übertraf Siegfried, den starken
Königssohn von Niederland.
Mit den unverzagten Burgunden zog Siegfried in den Streit wider
die Sachsen und den Dänenkönig. Slels war er der erste im Kampfe,
und vor seinen Schwertschlägen hielt kein Gegner stand; die feindlichen
Fürsten nahm er gefangen.
Als die Sieger zurückgekehrt waren, hieß Gunther seine Schwester
Kriemhild Siegfried empfangen und freundlichen Dank für seine
tapfere Hilfe sagen. Aus keinem Munde hätte der Held lieber Dank
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